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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen

Entscheidungsdatum: 11.03.2009

Aktenzeichen: 16 F 5/09

Entscheidungsart: Beschluss

eigenes Abstract: Eine ehrenamtliche Richterin am Verwaltungsgericht, die in einer Bibliothek beschäftigt ist, soll von ihrem Amt als Richterin entbunden werden. Der vom Präsidenten des Verwaltungsgerichts gestellte Antrag stützt sich auf die Verwaltungsgerichtsordnung, nach der Angestellte im öffentlichen Dienst nicht als ehrenamtliche Richter tätig sein dürfen. Der Antrag wurde vor dem OVG abgelehnt, weil die ehrenamtliche Richterin lediglich als Hilfskraft in der Bibliothek, u.a. als Aushilfe in den Abendstunden, eingestellt war und somit keine unmittelbare Nähe zur Verwaltung bestand.

Tenor:
Der Antrag des Präsidenten des Verwaltungsgerichts Aachen, Frau B. G. von ihrem Amt einer ehrenamtlichen Richterin bei dem Verwaltungsgericht Aachen zu entbinden, wird abgelehnt.

Gründe:
Der Antrag des Präsidenten des Verwaltungsgerichts Aachen, Frau B. G. von ihrem Amt einer ehrenamtlichen Richterin bei dem Verwaltungsgericht Aachen zu entbinden, ist unbegründet. Die Voraussetzungen der §§ 24 Abs. 1 Nr. 1, 22 Nr. 3 VwGO, wonach ein ehrenamtlicher Richter von seinem Amt zu entbinden ist, wenn er Angestellter im öffentlichen Dienst ist, sind nicht erfüllt. Frau G. ist zwar an der RWTH (Rheinisch- Westfälische Technische Hochschule) Aachen und damit im öffentlichen Dienst beschäftigt. Sie ist damit aber keine Angestellte im Sinne von § 22 Nr. 3 VwGO.

Nachdem die ursprüngliche Unterscheidung von Angestellten und Arbeitern im öffentlichen Dienst sowohl tarifvertraglich als auch rentenversicherungsrechtlich entfallen ist und es nurmehr Beschäftigte gibt, kommt es für die Entscheidung, ob ein im öffentlichen Dienst tätiger ehrenamtlicher Richter von seinem Amt zu entbinden ist, entscheidend darauf an, ob der Betreffende ein besonderes Näheverhältnis zu einem öffentlichen Dienstherrn aufweist, sodass sein Handeln aus der Sicht des vor den Verwaltungsgerichten Rechtsschutz suchenden Bürgers typischerweise als Äußerung der als Einheit verstandenen Verwaltung aufgefasst werden muss. Diese Differenzierungg lag der Entscheidung des Gesetzgebers zugrunde, nur Angestellte, nicht aber Arbeiter im öffentlichen Dienst vom Amt eines ehrenamtlichen Richters in der Verwaltungsgerichtsbarkeit auszuschließen.

Vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 2. November 2005 – 4 E 23.05 -, mit Hinweis auf Ziekow in Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Aufl. 2006, § 22.

Der Arbeitsvertrag, den Frau G. mit der RWTH Aachen geschlossen hat, und ihre Aufgaben daraus, weisen keine solche Nähe zu einer Verwaltung auf, dass Rechtsschutz Suchenden Grund zu der Annahme gegeben ist, es könnte deshalb zu einer Kollision mit den Pflichten einer ehrenamtlichen Richterin kommen. Frau G. ist als Hilfskraft eingestellt worden, um den Leihbetrieb in der Lehrbuchsammlung während der auf die Abendstunden verlängerten Öffnungszeiten sicherzustellen. An sie wenden sich die Bibliotheksbenutzer, um Bücher auszuleihen oder zurückzugegeben. Alle anderen Arbeiten in der Bibliothek fallen nicht in ihren Aufgabenbereich. So ist sie etwa auch nicht zur Erhebung von Säumniszuschlägen befugt, einer typischen hoheitlichen Betätigung. Dass Frau G. nur als – verwaltungsferne – Hilfskraft eingesetzt ist, wird belegt durch ihre Eingruppierung. Sie erhält Entgelt lediglich der Entgeltgruppe 3 – das ist die drittniedrigste von 15 möglichen Entgeltgruppen.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 24 Abs. 3 Satz 3 VwGO).

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