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Gericht: Verwaltungsgericht München

Entscheidungsdatum: 31.01.2000

Aktenzeichen: M 5 E 99.5629

Entscheidungsart: Beschluss

eigenes Abstract: Die Antragstellerin steht als Bibliothekshauptsekretärin im Dienst der Antragsgegnerin. 1997 wurden der Antragstellerin die Teamverantwortung und später die kommissarische Sachgebietsleitung der Gemeindebibliothek befristet übertragen und für kurze Zeiträume mehrmals verlängert. Am 8.12.1999 erhielt die Antragstellerin eine Mitteilung der Personalstelle, dass die kommissarische Sachgebietsleitung am 31.12.1999 ende und sie ab 1.1.2000 die Leitung der Rathausbücherei übernehmen soll. Daraufhin beantragte sie eine Übertragung der Sachgebietsleitung der Gemeindebibliothek auf Lebenszeit. Dieser Antrag wurde abgelehnt, mit der Begründung, dass ein Beamter grundsätzlich kein Recht auf ein bestimmtes Arbeitsgebiet hat. Der Dienstherr kann aus sachlichen Gründen das Aufgabengebiet verändern.

Tenor:
I. Die Verfahren M 5 E 99.5629 und M 5 E 99.5696 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.

II. Die Anträge werden abgelehnt.

III. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

IV. Der Streitwert wird auf DM 4.000,– festgesetzt.

Gründe:
I. Die am … 1963 geborene Antragstellerin steht als Bibliothekshauptsekretärin der Besoldungsgruppe A 8 im Dienst der Antragsgegnerin. Mit Schreiben der Antragsgegnerin vom 23. April 1997 wurde bestätigt, dass ihr am 5. März 1997 die Teamverantwortung für die gemeindliche Bücherei sowie spätestens ab 11. April 1997 die kommissarische Sachgebietsleitung zunächst für ein halbes Jahr übertragen worden war. Die Antragsgegnerin verlängerte die Übertragung der Sachgebietsleitung mit Schreiben vom 11. März 1998 bis 31. Dezember 1998.

Die Antragstellerin beschwerte sich unter dem 24. Mai 1998 beim Personalbüro der Antragsgegnerin über das Verhalten der Leiterin des Kulturamtes Dr. M.-E.. Sie fühle sich in ihrer Funktion einer Sachgebietsleiterin wiederholt gestört und behindert. Als Beispiel führte sie an, dass Dr. M.-E. ohne Wissen der Sachgebietsleiterin bzw. deren Vertreterin Öffentlichkeitsarbeit mit der Aushilfe Sch.-J. betreibe. Diese überschreite damit bei weitem ihre Kompetenzen.

Die Gewerkschaft ÖTV wandte sich in Vertretung der Antragstellerin mit Schreiben vom 23. Februar 1999 an die Antragsgegnerin mit der Bitte um ein klärendes Gespräch. Es bestehe ein Anspruch auf weitere Übertragung der Sachgebietsleitung über den 31. Dezember 1998 hinaus. Die Antragstellerin habe ihre Leitungsfunktion pflichtgemäß und ohne Beanstandung wahrgenommen und trotz der Nichtverlängerung diese Funktion ohne Einwände weiterhin ausgeübt. Gegen die Antragstellerin seien von dem Bürgermeister und Dr. M.-E. Vorwürfe erhoben worden, dass das Betriebsklima negativ sei und sie die Verantwortung hierfür trage. Diese Vorwürfe und Unterstellungen müssten als unwahr und unrichtig zurückgewiesen werden.

Die Antragsgegnerin übertrug der Antragstellerin unter dem 5. Mai 1999 die Sachgebietsleitung der gemeindlichen Bücherei weiterhin bis 31. Dezember 1999.

Mit Schriftsatz vom 20. Mai 1999 wandte sich der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin in dem Verfahren M 5 E 99.5696 an den Gemeinderat der Antragsgegnerin und bat um ein klärendes Gespräch vor dem Gemeinderat. Es gehe darum, dass seine Mandantin krankmachenden Strukturen und Verhaltensweisen am Arbeitsplatz ausgesetzt sei, die mutmaßlich in den Bereich des Psychoterrors (Mobbing) fielen. Die Antragstellerin habe sich bereits in ärztliche und psychologische Behandlung begeben müssen. Mutmaßlich verantwortlich für die erheblichen Gesundheitsschäden der Antragstellerin seien die Fehlverhaltensweisen des Bürgermeisters Dr. K. sowie der Leiterin des Kulturamtes Dr. M.-E.. Zu klären sei in diesem Zusammenhang auch die geplante Neueinstellung einer Diplombibliothekarin als künftige Leiterin der Bibliothek.

Mit weiterem Schreiben vom 24. Juni 1999 forderte der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin den Bürgermeister der Antragsgegnerin auf, unverzüglich zu bestätigen, dass der Arbeitsvertrag von Sch.-J. nicht verlängert werde. Seine Mandantin müsste eine Verlängerung als weiteren Mobbingakt werten und somit als eine vorsätzliche Verschärfung des bestehenden Konflikts. Aus ärztlicher Sicht bestehe eine schwere posttraumatische Belastungsreaktion aufgrund der Situation am Arbeitsplatz. Die Verlängerung des Arbeitsvertrages von Sch.-J. in der gegebenen Situation wäre unverantwortlich. Dr. K. müsste bei fehlender Wahrnehmung der dienstrechtlichen Fürsorgepflichten die volle zivil- und strafrechtliche Verantwortung übernehmen.

Am 28. September 1999 wurde die Antragstellerin von der Personalstelle des Antragsgegners dazu angehört, ob sie mit der … oder dem M. M. über ihr Beschäftigungsverhältnis gesprochen habe. Die Antragstellerin hat ausweislich eines Aktenvermerks vom 14. Oktober 1999 über die Besprechung darauf nicht geantwortet, sondern auf ihren Rechtsanwalt verwiesen. Dieses Verhalten wurde unter Hinweis auf die allgemeinen und besonderen Dienstpflichten schriftlich missbilligt. Die Prozessbevollmächtigte der Antragsgegnerin forderte die Antragstellerin über deren Prozessbevollmächtigten unter dem 4. Oktober 1999 auf, umgehend dazu Stellung zu nehmen, ob, in welcher Form und mit welchem Inhalt sie die Presse über interne Vorgänge, ihr Dienstverhältnis betreffend, informiert habe.

Nach der Mitteilung der Personalstelle der Antragsgegnerin an die Antragstellerin vom 8. Dezember 1999, dass ihre kommissarische Sachgebietsleitung mit Ablauf des 31. Dezember 1999 ende, beantragte diese am darauffolgenden Tag die Übertragung der Sachgebietsleitung Bücherei auf Lebenszeit.

Der Rechtssekretär B. der D., die die Antragstellerin in dem Verfahren M 5 E 99.5629 vertritt, forderte die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 10. Dezember 1999 auf, den Entzug der Sachgebietsleitung mit Wirkung ab 1. Januar 2000 zurückzunehmen.

Die Antragstellerin, die am 20. Dezember 1999 durch den Leiter der Personalverwaltung sowie den ersten Bürgermeister über ihren dienstlichen Einsatz ab 1. Januar 2000 zur Führung und Leitung der Rathausbücherei informiert wurde, erklärte, dass sie weisungsgemäß dieser Tätigkeit ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und ohne Präjudiz nachkomme.

Die ihr ebenfalls zur Kenntnis vorgelegte Stellenbeschreibung führt als Ziel der im Stellenplan mit A 8 ausgewiesenen Stelle die optimale Führung der Hausbibliothek mit juristischem Schwerpunkt und entsprechender Fachliteratur an. Direkter Vorgesetzter der Stelleninhaberin ist der Leiter des Hauptamtes. Fachliche Weisungen sind von allen Abteilungs- und Sachgebietsleitern sowie dem gemeindlichen Archivpfleger möglich. In der Tätigkeitsbeschreibung wird folgendes ausgeführt:

Organisation des Ausleihbetriebes der Rathausbibliothek 10%

Erfassen von sämtlichen Büchern und Gesetzen

Organisation des Gesetzes- und Bücherarchives in Zusammenarbeit 10%

mit dem gemeindlichen Archivpfleger

Alphabetische und systematische Katalogisierung aller vorhandenen 30%

Gesetzessammlungen, Kommentare, Fachbücher, Fachzeitschriften und

Periodika

Erstellung eines Stichwortregisters 10%

Akzession von Lektüre und Gesetzen 5%

Bestellwesen und Haushaltsüberwachung für sämtliche Bücher und 5%

Gesetze in Absprache mit den Fachabteilungen

Pflege und Ergänzung von Gesetzen und dgl.

Aufbau einer Bibliothek im Rathaus f. politische Bildung in Zusammenarbeit 10% mit den Schulen

Die Antragstellerin ließ am 23. Dezember 1999 beim Verwaltungsgericht München im Wege der einstweiligen Anordnung beantragen, die Antragsgegnerin zu verpflichten, die Antragstellerin über den 31. Dezember 1999 hinaus als Sachgebietsleiterin der gemeindlichen Bücherei weiter zu beschäftigen.

Das Verfahren erhielt das Az.: M 5 E 99.5629. In der Begründung wurde vorgetragen, dass der Antragstellerin ab dem Jahr 1998 die Sachgebietsleitung ohne die Einschränkung kommissarisch für die Jahre 1998 und 1999 übertragen worden sei. Aus der bisherigen Übertragung von Führungsaufgaben über nahezu drei Jahre ergebe sich eine Konkretisierung im Hinblick auf die Arbeitspflicht der Antragstellerin, die die Antragsgegnerin nicht berechtige, sie nunmehr von ihren Führungsaufgaben zu entbinden. Eine Übertragung der Sachgebietsleitung Gemeindebücherei in Form einer „Probezeit“ sei nach den beamtenrechtlichen Vorschriften der Art. 32 a und 32 b BayBG aufgrund Fristablaufs nicht zulässig. Es lägen aber auch keinerlei sachliche Gründe für den Entzug der Sachgebietsleitung vor.

Die Antragsgegnerin beantragte Antragsabweisung.

Grund für die nur befristete kommissarische Übertragung sei gewesen, dass die Antragsgegnerin die Leitung der öffentlichen Bibliothek einer diplomierten Bibliothekskraft habe übertragen wollen. Der Vorgänger der Antragstellerin sei Diplombibliothekar gewesen. Dies sei unter Berücksichtigung der Größe der Bibliothek sachlich gerechtfertigt und von der staatlichen Beratungsstelle für öffentliche Büchereien empfohlen worden. Unabhängig hiervon habe die Antragsgegnerin beschlossen, eine interne wissenschaftliche Bibliothek im Rathaus aufzubauen. Die Fachliteratur befinde sich größtenteils verstreut in den Zimmern der Sachbearbeiter; teilweise seien Bücher und Gesetzestexte nicht erfaßt. Die bisherige Betreuung der Fachliteratur über das Vorzimmer des Bürgermeisters reiche nicht aus. Es müsse eine Fachbibliothek organisiert und aufgebaut werden. Hierfür sei die Stelle einer Leiterin der Rathausbibliothek mit Anstellungsprüfung für den mittleren Bibliotheksdienst eingerichtet worden. Es handle sich um eine Tätigkeit, die in jeder Hinsicht die Bewertung mit der Besoldungsgruppe A 8 rechtfertige. Eine ungelernte Hilfskraft wäre hierzu nicht in der Lage. Auch die Erstellung eines Stichwortregisters sei mit Sicherheit keine Hilfstätigkeit, sondern erfordere Kenntnisse über Struktur und Aufbau von Stichwortregistern in Bibliotheken. Die Organisation eines Ausleihbetriebs in einer wissenschaftlichen Bibliothek sei originäre Aufgabe einer im Bibliothekswesen ausgebildeten Beschäftigten. Der Aufbau einer Bibliothek für politische Bildung in Zusammenarbeit mit den Schulen erfordere ebenfalls notwendigerweise eine Ausbildung sowie Initiative und Kontaktfähigkeit nicht nur auf fachlicher Ebene. Die Antragstellerin erfülle alle vorausgesetzten Qualifikationen hierfür; eine vergleichbar qualifizierte Kraft stehe im Bereich der Antragsgegnerin ansonsten nicht zur Verfügung.

Auf Anforderung des Gerichts wurde ferner mitgeteilt, dass über die Schaffung einer Rathausbibliothek seit dem Sommer 1999 gesprochen worden sei. Schriftliche Unterlagen darüber lägen nicht vor. Beigefügt war eine Kopie der Stellenausschreibung für einen Diplombibliothekar/in für die gemeindliche Bücherei vom 23. September 1999.

Mit Schriftsatz vom 28. Dezember 1999, eingegangen beim Verwaltungsgericht München am gleichen Tag, ließ die Antragstellerin durch ihren Prozessbevollmächtigten RA … im Wege des § 123 VwGO beantragen, die Antragsgegnerin zu verpflichten, die Antragstellerin über den 31. Dezember 1999 hinaus als Sachgebietsleiterin der öffentlichen Gemeindebibliothek weiter zu beschäftigen.

Dieses Verfahren erhielt das Az.: M 5 E 99.5696. Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, dass die nunmehrige Stelle der Antragstellerin nie ausgeschrieben worden sei. Die Tätigkeit stelle eine völlig unterprivilegierte Hilfsarbeitertätigkeit dar und sei der Antragstellerin nicht zumutbar. In der beigefügten psychiatrisch-psychotherapeutischen Stellungnahme von Dr. CH.-F. vom 2. August 1999 wird festgestellt, dass für eine erfolgreiche Behandlung und damit Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit der Antragstellerin die Beendigung der inadäquaten Anschuldigungen und damit psychischen Stressoren am Arbeitsplatz erforderlich sei.

Die Antragsgegnerin beantragte Antragsabweisung.

Es wurde darauf hingewiesen, dass für die Umsetzung Mobbingverhaltensweisen in der Dienststelle nicht ursächlich seien. Wie schon in der Vergangenheit nenne die Antragstellerin auch in der Antragsschrift keine konkreten Vorfälle, die den Tatbestand des Mobbing erfüllen könnten. Jedenfalls seien diese Vorwürfe nicht Grund oder Anlass für die Zuteilung der neuen Aufgabe, für die allein die Antragstellerin aus dem Kreis der Beschäftigten aufgrund ihrer Qualifikation in Betracht komme. Da sich die Mobbingvorwürfe u.a. gegen deren unmittelbare Vorgesetzte vor der Umsetzung richteten, könne kein Verstoß gegen die Fürsorgepflicht erkannt werden, wenn die Antragstellerin ab 1. Januar 2000 einem neuen Dienstvorgesetzten unterstellt werde.

Bezüglich des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der Einzelheiten im Übrigen wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

II.
Die Verfahren konnten gemäß § 93 Satz 1 VwGO zur gemeinsamen Entscheidung verbunden werden. Die Antragstellerin sucht zulässigerweise um vorläufigen Rechtsschutz gemäß § 123 VwGO nach, da es sich bei den angegriffenen Maßnahmen – Entzug der Sachgebietsleiterfunktion und Umsetzung – nicht um Verwaltungsakte handelt. Die Anträge nach § 123 VwGO sind zulässig, jedoch unbegründet. Nach § 123 Abs. 1 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn Gefahr besteht, dass durch eine Änderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts der Antragstellerin vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte oder wenn eine Regelung eines vorläufigen Zustandes in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, nötig erscheint.
Ein Anordnungsgrund ergibt sich aus § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO, weil der Entzug der Sachgebietsleiterfunktion bzw. die Umsetzung verbunden mit der Neubesetzung der Leitung der gemeindlichen Bücherei ein dauerndes Rechtsverhältnis in einer Weise regelt, durch die der Antragstellerin wesentliche Nachteile wie Ansehensverlust und Verfestigung der Situation durch die Neubesetzung der früheren Stelle drohen. Zudem trägt die Antragstellerin vor, dass sich die bereits eingetretenen gesundheitlichen Schäden verschlimmern könnten.
Die Antragstellerin hat jedoch keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht, da aufgrund der in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes notwendigerweise nur summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht davon auszugehen ist, dass durch die Organisationsmaßnahmen der Antragsgegnerin Rechte der Antragstellerin beeinträchtigt werden. Der Entzug der Sachgebietsleiterfunktion bzw. die Umsetzung sind weder aus formellen noch aus materiell-rechtlichen Gründen zu beanstanden.
Hinsichtlich des Anhörungserfordernisses ist festzustellen, dass mangels VA-Qualität der beiden Maßnahmen Art. 28 BayVwVfG nicht unmittelbar anzuwenden ist. Für den Fall der Umsetzung gebietet die Fürsorgepflicht die Anhörung u.a. nur dann, wenn die Umsetzung Reaktion auf ein persönliches Verhalten des Beamten ist, oder wenn dem Dienstvorgesetzten sonstige Umstände bekannt sind, die die Umsetzung als persönlich problematisch erscheinen lassen (Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, Komm. z. BayBG, Anm. 5 c zu Art. 34). Davon abgesehen, dass nicht das persönliche Verhalten der Antragstellerin an ihrem bisherigen Arbeitsplatz für die Umsetzung ursächlich war, sondern organisatorische Gründe – einerseits die Besetzung der Leiterstelle bei der gemeindlichen Bücherei mit einem/einer Diplombibliothekar/in, andererseits der Aufbau einer Hausbibliothek –, wurde die Antragstellerin am 20. Dezember 1999 über die Umsetzung und damit auch über die Errichtung einer Hausbibliothek durch den Leiter der Personalverwaltung bzw. durch den ersten Bürgermeister persönlich informiert. Sie hatte anlässlich des Personalgesprächs die Möglichkeit von Rückfragen und konnte sich die Hintergründe näher erläutern lassen.
Unabhängig davon, ob diese Grundsätze zur Anhörungspflicht auch im Zusammenhang mit dem Entzug der Sachgebietsleiterfunktion anzuwenden sind, wäre durch das Schreiben des Verfahrensbevollmächtigten B. der Antragstellerin vom 10. Dezember 1999 von einer Nachholung mit heilender Wirkung analog Art. 45 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 BayVwVfG auszugehen.
Ein Beamter hat grundsätzlich kein Recht, ein bestimmtes Arbeitsgebiet beizubehalten oder in einem ganz bestimmten Arbeitsgebiet beschäftigt zu werden, da es in der grundsätzlich freien Organisationsgewalt des Dienstherrn liegt, wie er seine Verwaltung ordnet (vgl. BayVGH v. 8.5.1981, BayVBl 1981, 465). Demgemäß ist der Beamte gegen die Entziehung und Einschränkung von dienstlichen Aufgaben, des funktionellen Amtes im konkreten Sinn, in erheblich geringerem Maße als gegen die Entziehung des Amtes im statusrechtlichen Sinne und auch des funktionellen Amtes im abstrakten Sinn rechtlich geschützt. Der Beamte hat zwar einen Anspruch auf Übertragung und Beibehaltung eines seinem Amt im statusrechtlichen Sinne entsprechenden funktionellen Amtes, eines „amtsgemäßen Aufgabenbereiches“. Zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums gemäß Art. 33 Abs. 5 GG gehört jedoch kein Recht des Beamten auf unveränderte und ungeschmälerte Ausübung des ihm einmal übertragenen konkreten Amtes im funktionellen Sinn. Dem Dienstherrn kommt eine organisatorische Dispositionsbefugnis zu. Äußere Umstände, wie die Vorgesetztenfunktion, Beförderungsmöglichkeiten oder auch gesellschaftliches Ansehen, entfalten insoweit keine Wirkung, die das Ermessen des Dienstherrn bei der Änderung des Aufgabenbereiches einschränken könnten. Die Ermessensentscheidung der Antragsgegnerin kann deshalb auch nur daraufhin überprüft werden, ob sie durch einen Ermessensmissbrauch maßgebend geprägt ist.
Die Kammer konnte bei der Überprüfung der beiden Maßnahmen der Antragsgegnerin keinen derartigen Ermessensmissbrauch feststellen.
Der Dienstherr kann durch Umsetzung aus jedem sachlichen Grund den Aufgabenbereich des Beamten verändern, solange diesem ein amtsangemessener Aufgabenbereich verbleibt. Weder die Neubesetzung der Leiterstelle der gemeindlichen Bücherei mit einem/einer Diplombibliothekar/in noch die Einrichtung einer Hausbibliothek können als sachwidrig angesehen werden. Im Hinblick darauf, dass der Vorgänger der Antragstellerin als Leiter der gemeindlichen Bücherei Diplombibliothekar war, und angesichts der Größe der Bücherei sowie der Empfehlung der staatlichen Beratungsstelle für öffentliche Büchereien, ist es durchaus nachvollziehbar, dass die Antragsgegnerin die Leiterstelle wieder mit einem/einer Diplombibliothekar/in besetzen wollte. Obwohl in den letzten beiden Schreiben über die Bestellung zur Sachgebietsleiterin jeweils das Wort „kommissarisch“ fehlt, konnte die Antragstellerin schon aus der Tatsache der Befristung auf die nur vorübergehende Übertragung der Position schließen. Der Hinweis der Prozessbevollmächtigten in dem Verfahren M 5 E 99.5629 auf Art. 32 a und 32 b BayBG geht fehl, da beide Vorschriften im hier zu entscheidenden Fall nicht anwendbar sind. Art. 32 a BayBG betrifft ausschließlich Ämter mit leitender Funktion, die der Besoldungsordnung B unterliegen (vgl. Art. 32 a Abs. 1, Abs. 3 BayBG). Für die Anwendbarkeit von Art. 32 b BayBG hätte die Antragsgegnerin per Satzung oder Beschluss des Gemeinderats bestimmen müssen, dass die Leiterstelle der gemeindlichen Bücherei zunächst nur auf Probe vergeben wird. Eine telefonische Rückfrage bei der Antragsgegnerin am 27. Januar 2000 ergab, dass derzeit weder eine entsprechende Satzung bzw. ein entsprechender Beschluss existiert.
Den Prozessbevollmächtigten ist ebenfalls nicht zu folgen, soweit sie aus der bisherigen Übertragung von Führungsaufgaben über nahezu drei Jahre eine Konkretisierung der Arbeitspflicht ableiten wollen. Der Beamte hat unabhängig davon, wie lange er einen Dienstposten inne hatte, kein Recht, ein bestimmtes Arbeitsgebiet beizubehalten.
Schließlich ist der Vorwurf, der Bürgermeister der Antragsgegnerin habe die neue Stelle nur geschaffen, um den krankmachenden psychischen Druck zu erhöhen und die Antragstellerin in die Rathausbücherei abzuschieben, als neben der Sache liegend zurückzuweisen. Die Antragsgegnerin hat glaubhaft dargelegt, dass bereits seit Sommer 1999 über die Schaffung einer zentralen Hausbibliothek beraten wurde. Es erscheint auch einleuchtend, dass die ordentliche und systematische Zusammenfassung, Leitung und Betreuung einer Bibliothek für Fachliteratur zweckmäßig ist. Bisher befindet sich die Fachliteratur größtenteils verstreut in den Zimmern der Sachbearbeiter ohne Katalogisierung nach bibliotheksmäßigen Gesichtspunkten. Die Gesetzestexte sind teilweise nicht erfasst. Ebenso ist nachvollziehbar, dass für den Aufbau und die Organisation einer internen wissenschaftlichen Bibliothek die Betreuung durch das Vorzimmer des Bürgermeisters nicht mehr ausreicht, sondern eine Fachkraft erfordert.
Die Grenze der organisatorischen Dispositionsbefugnis des Dienstherrn bildet lediglich die dem statusrechtlichen Amt entsprechende Verwendung. Die der Antragstellerin verbleibende Funktion muss nach der Wertigkeit den Einsatz einer Beamtin des mittleren Dienstes der Besoldungsgruppe A 8 erfordern. Gemessen an der Stellenbeschreibung entsprechen Umfang und Anforderungsprofil der neuen Tätigkeit dem statusrechtlichen Amt der Besoldungsgruppe A 8.
Entgegen dem Vortrag der Antragstellerin bewegt sich ihre neue Tätigkeit nicht schwerpunktmäßig im Bereich von Hilfsarbeiten. Der Einwand der Antragstellerin, im bisherigen „Archiv“ befänden sich nur einige Gesetzessammlungen sowie das Bundesgesetzblatt; Literatur habe sie dort nicht bemerkt, mag zutreffen. Schließlich soll die Antragstellerin die Fachliteratur zusammenführen und eine Fachbibliothek erst einrichten. Gerade Arbeiten im Zusammenhang mit dem Aufbau einer Fachbibliothek, dazu zählt eben auch die alphabetische und systematische Katalogisierung aller vorhandenen Gesetzessammlungen etc., machen den Einsatz einer Fachkraft erforderlich. Wie die Antragsgegnerin zutreffend anführt, wird auch der Aufbau einer Bibliothek für politische Bildung in Zusammenarbeit mit den Schulen ebenfalls den Einsatz einer qualifizierten Fachkraft erfordern.
Wenn die Antragstellerin vorträgt, die neue Stelle sei durch den fehlenden Unterbau an Mitarbeitern nicht amtsangemessen, muss sie sich entgegenhalten lassen, dass das statusrechtliche Amt der Besoldungsgruppe A 8 nicht das Ausüben einer Vorgesetztenfunktion beinhaltet.
Unabhängig davon, ob die Antragstellerin aus der fehlenden Stellenausschreibung hinsichtlich der neuen Stelle eine Rechtsverletzung geltend machen kann, ist ihr § 3 Abs. 1 Laufbahnverordnung (LbV) entgegenzuhalten. Danach sind Bewerber durch Stellenausschreibung zu ermitteln, wenn dies im besonderen dienstlichen Interesse liegt. Ein besonderes dienstliches Interesse liegt insbesondere dann vor, wenn für die Besetzung freier Stellen geeignete Laufbahnbewerber beim Dienstherrn nicht zur Verfügung stehen.
Die Rüge, dass für die neue Stelle im Haushaltsplan der Antragsgegnerin keine Planstelle vorgesehen sei, geht ebenfalls ins Leere. Die neue Stelle der Antragstellerin ist im Stellenplan 2000 für Beamte, Abschnitt bzw. Unterabschnitt 060, Gesamtverwaltung, mit A 8 ausgewiesen. Der Gemeinderat der Antragsgegnerin wird voraussichtlich am 16. Februar 2000 über die Haushaltssatzung – die Haushaltssatzung enthält als Festsetzung u.a. den Haushaltsplan; der Stellenplan für Beamte und Angestellte der Gemeinde ist wiederum Teil des Haushaltsplans (Art. 63 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, 64 Abs. 2 Satz 2 Bayerische Gemeindeordnung) – beschließen.
Anhaltspunkte dafür, dass die Antragsgegnerin unter Verstoß gegen ihre Fürsorgepflicht schwerwiegende persönliche Gründe der Antragstellerin bzw. eine für diese entstehende außergewöhnliche Härte nicht in ihre Ermessensentscheidung einbezogen hat, sind nicht erkennbar. Ausweislich des privatärztlichen Attests vom 2. August 1999 ist bei der Antragstellerin in zeitlichem Zusammenhang mit akuten interpersonellen Konflikten und Stressoren am Arbeitsplatz ein depressives Syndrom mit Somatisierungen aufgetreten, das den diagnostischen Kriterien einer posttraumatischen Belastungsstörung entspricht. Für eine erfolgreiche Behandlung der Störung und damit Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit müsste nach den Ausführungen der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Ch.-F. die Beendigung der inadäquaten Anschuldigungen und damit psychischen Stressoren am Arbeitsplatz als Voraussetzung betrachtet werden. Die Antragstellerin selbst hat mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten RA … vom 20. Mai 1999 ausführen lassen, dass mutmaßlich für ihre erheblichen Gesundheitsschäden Fehlverhaltensweisen bzw. psychische Misshandlungen auch ihrer unmittelbaren Vorgesetzten Dr. M.-E. seien. Dem Dienstherrn kann kein Ermessensmissbrauch vorgehalten werden, wenn er durch die Umsetzung die durch Spannungen belastete Arbeitsatmosphäre auch unter Berücksichtigung der bereits angeschlagenen Gesundheit der Antragstellerin beseitigt.
Ergänzend ist noch darauf hinzuweisen, dass ein bestehendes Spannungsverhältnis – unabhängig von der Frage, wer möglicherweise an seiner Verursachung beteiligt ist – einen sachgerechten Grund für eine Umsetzung darstellt (vgl. Beschl. d. BayVGH v. …1995, 3 CE …). Von einem Spannungsverhältnis ist im vorliegenden Fall auszugehen. Dies belegen u.a. die Schreiben der Antragstellerin vom 24. Mai 1998 an den Leiter des Personalbüros und vom 15. April 1999 an den ersten Bürgermeister sowie die Schriftsätze des Prozessbevollmächtigten RA … vom 20. Mai, 24. Juni, 28. Juni und 12. August 1999. Die Antragstellerin beschuldigt in ihrem Schreiben vom 24. Mai 1998 ihre unmittelbare Vorgesetzte Dr. M.-E., ihre Stellung als Sachgebietsleiterin der Gemeindebücherei nicht zu berücksichtigen. Sie führt weiterhin aus, dass die Situation für sie inzwischen unbefriedigend und zermürbend geworden sei. Die Konzentration auf die Aufgaben einer Bibliothekarin, auf die Ziele und Pläne zum Wohle der Bücherei, ihrer Leser und der Mitarbeiter würden erschwert und behindert, weil sie und ihre Vertreterin gezwungen seien, ihre Kräfte bei der Aufklärung von Missständen und Missverständnissen zu vergeuden. Unter den gegebenen Umständen sei es nicht möglich, den Aufgaben und Pflichten einer Sachgebietsleiterin gerecht zu werden. Sie lehne deshalb bis auf weiteres die Verantwortung für die Folgen dieses „Gegeneinander statt Miteinander“ ab. In den weiteren Schreiben werden Dr. M.-E. Fehlverhaltensweisen bis hin zum Psychoterror vorgeworfen. Der Konflikt wurde noch verschärft durch die Einstellung der Mitarbeiterin Sch.-J.. Dieser Konflikt fand schließlich auch im Beurteilungsbeitrag der unmittelbaren Dienstvorgesetzten vom 28. April 1999 seinen Niederschlag. In der Rubrik „Verhalten als Vorgesetzte“ wird bemerkt, dass es im Umgang mit einer der Mitarbeiterinnen immer wieder Reibungspunkte gegeben habe, die zeigten, dass die Antragstellerin ihre Fähigkeit verbessern müsste, Konflikte zu lösen oder mindestens abzumildern.
Nach alledem sind im Rahmen der summarischen Überprüfung der beiden Organisationsmaßnahmen Ermessensfehler der Antragsgegnerin nicht ersichtlich.
Die Anträge waren daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 20 Abs. 3, § 13 Abs. 1 GKG, wobei angesichts des identischen Rechtsschutzziels für beide Anträge nur die Hälfte eines Regelstreitwerts anzusetzen war.

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