Gericht: Bundesarbeitsgericht
Entscheidungsdatum: 09.02.1989
Aktenzeichen: 6 AZR 174/87
Entscheidungsart: Urteil
Eigenes Abstract: Ein in Teilzeit beschäftigter Bibliotheksmitarbeiter klagt gegen seinen Arbeitgeber, dass er – wie Vollzeitmitarbeiter – nicht mehr als 50% seiner Arbeitszeit an einem Bildschirmarbeitsplatz verbringen muss. Die Klage wurde abgewiesen, denn laut Bildschirmrichtlinien komme es auf eine Grenze von vier Stunden Bildschirmarbeit täglich an, die auch für Teilzeitbeschäftige gilt. Bemessungsgrundlage ist dabei als Höchstgrenze die Hälfte der Wochenarbeitszeit eines Vollbeschäftigten.
Instanzenzug:
– ArbG Berlin, 15. August 1986, Az: 22 Ca 41/86
– LArbG Berlin, 8. Januar 1987, Az: 7 Sa 96/86
– BAG, 09.02.1989, Az: 6 AZR 174/87
Tatbestand
Die Parteien streiten über den Umfang der vom Kläger zu leistenden Arbeit mit einem Datensichtgerät.
Der 1949 geborene Kläger ist bei dem beklagten Land seit dem 1. Juni 1978 als Bibliotheksangestellter in der Amerika-Gedenk-Bibliothek (B) mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden der Bundes-Angestelltentarifvertrag und die ihn ändernden und ergänzenden Tarifverträge kraft Tarifbindung Anwendung. Der Kläger arbeitet in der Ausleihe, in der die Bücher ausgegeben und zurückgenommen werden. Während die Ausleihe früher mit Karteikarten und fotomechanisch vorgenommen wurde, hat das beklagte Land die Verbuchung seit Juli 1985 auf elektronische Datenverarbeitung umgestellt. Der Kläger und seine Kollegen streichen seither bei jeder Entnahme oder Rückgabe von Büchern mit dem Lesestift eines Computers den Strichcode auf dem Buch ab. Die daraufhin auf einem Bildschirm erscheinenden Daten werden auf Leih- und Sperrfristen und hinsichtlich der Kontostände der Benutzer abgelesen. Ebenso werden deren Büchereiausweise mit dem Lesestift kontrolliert. Datenerfassende Tätigkeiten hat der Kläger nur auszuüben, wenn sich der Benutzerkreis der Bibliothek durch Aufnahme neuer Besucher und Ausscheiden bisheriger Ausleiher ändert. Daneben hat der Kläger Kassierertätigkeiten auszuüben und die ihm vorgelegten Bücher auf Beschädigungen zu überprüfen.
Der Senator für Inneres des beklagten Landes erließ mit Rundschreiben II Nr. 83/1983 vom 24. Oktober 1983 Richtlinien zur Regelung der Arbeitsbedingungen für Arbeitnehmer auf Bildschirmarbeitsplätzen. Darin heißt es u.a.:
I.
Anwendungsbereich
…
2. Bildschirmarbeitsplätze für digitale Daten-
und Textverarbeitung im Bürobereich sind Arbeits-
plätze, bei denen Arbeitsaufgabe mit/und Arbeits-
zeit am Bildschirmgerät bestimmend für die gesamte
Tätigkeit sind. Dies ist dann der Fall, wenn die
Arbeitszeit am Bildschirmgerät durchschnittlich
mehr als die Hälfte der Wochenarbeitszeit eines
Vollbeschäftigten beträgt.
…
II.
Ausstattung und Gestaltung von Bildschirmarbeitsplätzen
…
Anmerkungen:
1. Abschnitt 4 der unter Beteiligung der Gewerkschaften
erarbeiteten „Sicherheitsregeln für Bildschirmarbeits-
plätze im Bürobereich“ des Bundesverbandes der Unfall-
versicherungsträger der öffentlichen Hand – BAGUV – ist
zu beachten. Werden die Sicherheitsregeln – ebenso wie
die einschlägigen DIN-Normen sowie etwaige Empfehlungen
der Hersteller – beachtet, entspricht die Ausstattung
und Gestaltung der Arbeitsplätze den gesicherten wis-
senschaftlichen Erkenntnissen und ist geeignet, beson-
dere Belastungen zu vermeiden.
…
III.
Ärztliche Untersuchungen
…
IV.
Einweisung und Einarbeitung
…
V.
Schutzbestimmungen
…
VI.
Arbeitsunterbrechungen
…
VII.
Mischarbeitsplätze
Der Arbeitgeber soll unter Berücksichtigung der perso-
nellen Möglichkeiten prüfen, ob es arbeitsorganisatorisch
zweckmäßig und wirtschaftlich vertretbar ist, Arbeits-
plätze einzurichten, auf denen der Arbeitnehmer nicht
ausschließlich am Bildschirm tätig ist.
Der Kläger übt die EDV-gesteuerten Tätigkeiten nach seiner von dem Beklagten bestrittenen Darstellung zu 75 % seiner Arbeitszeit aus. Die vollzeitbeschäftigten Bibliotheksangestellten werden nach einer Anweisung des Senators für kulturelle Angelegenheiten vom 30. Oktober 1985 lediglich zu 50 % ihrer Arbeitszeit mit Aufgaben betraut, die eine Benutzung des Bildschirms erfordern.
Der Kläger hat gemeint, das beklagte Land dürfe ihm ebenfalls nicht zu mehr als der Hälfte seiner Arbeitszeit Arbeiten am Bildschirm zuweisen. Dies ergebe sich aus dem Arbeitsvertrag, nach dem er als Angestellter in Büchereien zu beschäftigen und zu vergüten sei, nicht jedoch als Angestellter in der Datenverarbeitung. Die Beklagte verstoße mit der Arbeitszuweisung gegen § 2 BeschFG 1985. Denn es liege bei einer über 50 %igen Inanspruchnahme der Arbeitszeit der Teilzeitkräfte für Bildschirmarbeiten eine unterschiedliche Behandlung von Voll- und Teilzeitarbeitskräften wegen der Teilzeitarbeit vor, die sachlich nicht gerechtfertigt sei. Sinn der Begrenzung der Bildschirmtätigkeit seien einerseits arbeitsmedizinische Aspekte, andererseits solle auch einer Dequalifizierung der Arbeitnehmer entgegengewirkt werden, was in der Forderung der vom Senator für Inneres erlassenen Bildschirmrichtlinien zur Schaffung von Mischarbeitsplätzen zum Ausdruck komme. Es entspreche gesicherten arbeitsmedizinischen Erkenntnissen, daß die gesundheitlichen Belastungen durch Arbeiten am Bildschirm nicht nur durch die Zeitdauer, sondern auch durch die Monotonie der Tätigkeit hervorgerufen werden. Der Kläger hat beantragt festzustellen, daß er nicht verpflichtet ist, länger als 50 % seiner regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von zur Zeit 20 Stunden am Bildschirmgerät zu arbeiten.
Das beklagte Land hat Klageabweisung beantragt und gemeint, mit der Anordnung gegenüber dem Kläger, mehr als 50 % seiner Arbeitszeit Arbeiten mit Bildschirmgeräten auszuüben, verstoße es nicht gegen § 2 BeschFG 1985. Es sei bereits zweifelhaft, ob dieses Gesetz auf das im Jahr 1978 gegründete Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbar sei. Denn der Gesetzgeber habe dem Beschäftigungsförderungsgesetz keine rückwirkende Kraft beigemessen. Das beklagte Land verstoße aber auch nicht gegen § 2 BeschFG 1985. Denn das Gebot der Gleichbehandlung gebiete es nicht, auch Teilzeitarbeitskräfte nur 50 % ihrer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit an einem Datensichtgerät zu beschäftigen. Sinn und Zweck der Begrenzung der Tätigkeit auf ein Höchstmaß von vier Arbeitsstunden pro Tag sei es, gesundheitliche Gefährdungen zu verhindern, mit denen bei darüber hinausgehender Tätigkeit gerechnet werden könne. Da der Kläger etwaigen Gesundheitsgefahren nicht länger als eine Vollzeitarbeitskraft ausgesetzt sei, liege keine Ungleichbehandlung vor. Der Kläger sei nicht als Datenerfasser anzusehen, weil er sich des Bildschirms wie früher der Lochkarte nur als Hilfsmittel bediene und weil seine Tätigkeit nicht durch die Arbeit am Bildschirm, sondern durch den Publikumsverkehr geprägt werde. Das Arbeitsgericht hat dem Klagantrag entsprochen.
Das Landesarbeitsgericht hat das Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verlangt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils, während das beklagte Land die Zurückweisung der Revision beantragt.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
A. Das Landesarbeitsgericht hat ausgeführt, das beklagte Land sei aufgrund des Direktionsrechts berechtigt, die Arbeitsleistung des Klägers als Bibliotheksangestellten nach Art und Zeit dahin zu bestimmen, daß er zu mehr als 50 % seiner regelmäßigen Arbeitszeit die bildschirmgestützte Tätigkeit in der Benutzerabteilung der B auszuführen habe. Die Bildschirmrichtlinien ständen der Weisung ebensowenig entgegen wie die Vorschrift des § 2 Abs. 1 BeschFG 1985. Es erscheine schon zweifelhaft, ob § 2 Abs. 1 BeschFG 1985 auf einen Fall der hier vorliegenden Art überhaupt anzuwenden sei, in dem das Teilzeitarbeitsverhältnis bereits vor dem Inkrafttreten des Beschäftigungsförderungsgesetzes am 1. Mai 1985 begründet worden sei. Wenn jedoch die Bestimmungen des Gesetzes anzuwenden seien, liege ein Verstoß des Beklagten gegen § 2 Abs. 1 BeschFG 1985 nicht vor. Denn der Kläger werde nicht wegen seiner Teilzeitarbeit anders als die vollbeschäftigten Mitarbeiter der Benutzerabteilung behandelt. Die vom Senator für Inneres erlassenen Bildschirmrichtlinien bezögen sich ausdrücklich nur auf vollbeschäftigte Arbeitnehmer. Sie ließen erkennen, daß es auf eine Höchstgrenze von vier Stunden täglicher Arbeitszeit ankomme. Über diese Höchstgrenze von vier Stunden hinaus solle keine Arbeit am Bildschirmgerät geleistet werden müssen. Für nicht vollbeschäftigte Arbeitnehmer sei in den Bildschirmrichtlinien keine Regelung enthalten. Daraus könne nur gefolgert werden, daß die Höchstgrenze von vier Stunden täglich auch für nicht vollbeschäftigte Arbeitnehmer gelte, nicht aber, daß auch bei teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmern die Arbeitszeit am Bildschirmgerät die Hälfte ihrer individuellen Arbeitszeit nicht überschreiten solle. Die Hälfte der Wochenarbeitszeit eines Vollbeschäftigten sei die vorgeschriebene Obergrenze. Diese überschreite der Kläger nicht. Die Befugnis des Beklagten, dem Kläger eine Weisung zu erteilen, auch zu mehr als 50 % seiner Arbeitszeit Tätigkeiten mit Hilfe des Bildschirmgeräts zu verrichten, werde entgegen der Ansicht des Klägers durch tarifliche Normen über die Eingruppierung nicht eingeschränkt.
B. Dieser Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist im Ergebnis und in weiten Teilen der Begründung zuzustimmen.
I. Die negative Feststellungsklage ist gemäß § 256 ZPO zulässig. Der Kläger wehrt sich gegen die einseitige Anordnung des beklagten Landes, in seiner Tätigkeit als Bibliotheksangestellter während einer Zeit von mehr als 50 % zu Arbeiten herangezogen zu werden, bei denen er ein Bildschirmgerät mitbenutzen muß. Damit macht er das Bestehen einer Leistungspflicht in einem bestimmten, begrenzten Umfang und damit ein Teilrechtsverhältnis im Sinne der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts geltend (BAG Urteil vom 19. Juni 1985 – 5 AZR 57/84 – AP Nr. 11 zu § 4 BAT, m.w.N.). Der Kläger hat an der alsbaldigen Feststellung über den Umfang seiner Arbeitspflicht auch ein Interesse.
II. Die Klage ist unbegründet. Die dem Kläger erteilte Weisung des Beklagten, während seiner Tätigkeit in der Ausleihe der B zu mehr als 50 % seiner individuellen Arbeitszeit Arbeiten unter Benutzung von Bildschirmgeräten auszuführen, verstößt weder gegen den Arbeitsvertrag der Parteien noch gegen den BAT noch gegen Art. 1 § 2 Abs. 1 BeschFG 1985.
1. Das auf dem Arbeitsvertrag beruhende Weisungsrecht des Arbeitgebers gehört zum wesentlichen Inhalt eines jeden Arbeitsverhältnisses. Aufgrund dessen kann der Arbeitgeber die in einem Arbeitsvertrag nur rahmenmäßig umschriebenen Leistungspflichten nach Zeit, Ort und Art konkretisieren (BAGE 33, 71, 75 = AP Nr. 26 zu § 611 BGB Direktionsrecht, zu III 1 der Gründe; BAGE 47, 314, 321 = AP Nr. 6 zu § 2 KSchG 1969, zu II 3 b der Gründe; BAGE 47, 363, 375 = AP Nr. 27 zu § 611 BGB Direktionsrecht, zu B III 2 c bb der Gründe). Umfang und Grenzen der Weisungsbefugnis des Arbeitgebers richten sich grundsätzlich nach dem dem Arbeitnehmer zugewiesenen Tätigkeitsbereich. Sie kann durch Gesetz, Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder Einzelarbeitsvertrag eingeschränkt sein. Im übrigen darf das Weisungsrecht nur nach billigem Ermessen ausgeübt werden, § 315 BGB (BAG, aa0; Söllner, Einseitige Leistungsbestimmung im Arbeitsverhältnis, 1966, S. 45).
2. Die Parteien haben keine Tatsachen vorgetragen, aus denen sich eine arbeitsvertragliche Einschränkung des Direktionsrechts ergibt.
3. Entgegen der Auffassung des Klägers hat das beklagte Land mit seiner Weisung nicht die durch die Vergütungsordnung des BAT gesetzten Grenzen verletzt. Im öffentlichen Dienst, in dem die Arbeitnehmer in bestimmte Vergütungsgruppen eingereiht sind, kann der Arbeitgeber grundsätzlich jede zumutbare Beschäftigung im Rahmen der Vergütungsgruppe zuweisen (BAG Urteil vom 12. April 1973 – 2 AZR 291/72 – AP Nr. 24 zu § 611 BGB Direktionsrecht). Die Zuweisung unterwertiger Tätigkeiten ist allerdings rechtswidrig. Eine rechtswidrige Zuweisung liegt nicht schon dann vor, wenn die Arbeitnehmer innerhalb derselben Vergütungsgruppe mit Arbeiten beschäftigt werden, die einer anderen Fallgruppe angehören. Diese Zuweisung ist auch dann nicht rechtswidrig, wenn aus dieser Fallgruppe ein Bewährungsaufstieg nicht möglich ist, sofern keine vertragliche Konkretisierung getroffen worden ist (BAGE 37, 145 = AP Nr. 6 zu § 75 BPersVG; BAG Urteil vom 23. Oktober 1985 – 4 AZR 216/84 – AP Nr. 10 zu § 24 BAT). Nach den ungerügten Feststellungen des Landesarbeitsgerichts wird die Arbeit des Klägers nach wie vor durch die Ausgabe und Rücknahme von Büchern geprägt. Es steht weiter der Kontakt mit den Bibliotheksbenutzern im Vordergrund. Die Ausleihe unter Zuhilfenahme des Codierstifts und das Ablesen von Daten auf dem Bildschirm ist lediglich in Zusammenhang mit dieser Aufgabe zu sehen. Damit hat sich die Tätigkeit des Klägers nicht in die eines Angestellten in der Datenerfassung nach VergGr. V des Teils II Abschnitt B Unterabschnitt V der Anlage 1 a zum BAT gewandelt, sondern ist Tätigkeit der VergGr. VIII Fallgr. 4 des Teils I der Anlage 1 a geblieben, aus der der Bewährungsaufstieg nach der VergGr. VII Fallgr. 2 möglich war (vgl. die Vorbemerkung Nr. 3 zu Unterabschnitt V des Teils II Abschnitt B der Anlage 1 a zum BAT).
4. Der Kläger kann auch keine eigenständigen Rechte aus den Richtlinien zur Regelung der Arbeitsbedingungen für Arbeitnehmer auf Bildschirmarbeitsplätzen herleiten. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts haben Richtlinien und Erlasse als einseitige Verwaltungsanordnungen keine unmittelbare arbeitsrechtliche Bedeutung. Sie kommen nicht als selbständige Anspruchsgrundlage in Betracht (BAG Urteil vom 30. Januar 1980 – 4 AZR 1098/77 – AP Nr. 6 zu §§ 22, 23 BAT Lehrer; BAGE 49, 31 = AP Nr. 19 zu § 242 BGB Betriebliche Übung). Sie können nur durch Bezugnahme zum Inhalt des Arbeitsvertrags gemacht werden. Dafür haben die Parteien im Streitfall nichts vorgetragen.
5. Die umstrittene Anordnung des Beklagten verstößt auch nicht gegen Art. 1 § 2 Abs. 1 BeschFG 1985, der bestimmt, daß der Arbeitgeber einen teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer nicht wegen der Teilzeitarbeit gegenüber vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmern unterschiedlich behandeln darf, es sei denn, sachliche Gründe rechtfertigten eine unterschiedliche Behandlung. Damit lehnt sich Art. 1 § 2 Abs. 1 BeschFG 1985 eng an die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAGE 38, 232 = AP Nr. 1 zu § 1 BetrAVG Gleichbehandlung) zur Gleichbehandlung von Teilzeitbeschäftigten und Vollzeitbeschäftigten an (vgl. GK-TzA-Lipke, Art. 1 § 2 Rz 80 f.; Mager/Winterfeld/Göbel/Seelmann, BeschFG 1985, § 2 Rz 159; Wlotzke, Zum arbeitsrechtlichen Teil des Regierungsentwurfs eines Beschäftigungsförderungsgesetzes 1985, NZA 1984, 217, 218; Löwisch, Das Beschäftigungsförderungsgesetz 1985, BB 1985, 1200, 1203; Schwerdtner, Beschäftigungsförderungsgesetz, Tarifautonomie und Betriebsverfassung, NZA 1985, 577, 581).
a) Entgegen der Auffassung des beklagten Landes finden die Bestimmungen des Beschäftigungsförderungsgesetzes vom 26. April 1985 seit seinem Inkrafttreten am 1. Mai 1985 bzw. 1. Januar 1986 auf bestehende Arbeitsverhältnisse Anwendung (BAG Urteil vom 25. Januar 1989 – 5 AZR 161/88 -, zur Veröffentlichung bestimmt; GK-TzA-Lipke, Art. 1 § 2 Rz 122). Das folgt bereits aus Art. 16 Abs. 2 BeschFG 1985, dessen ausdrückliche Anweisung über das Inkrafttreten bestimmter Vorschriften für bestehende Arbeitsverträge ab 1. Januar 1986 die Vorstellung des Gesetzgebers widerspiegelt, den nicht genannten Bestimmungen vom Tag des Inkrafttretens für bestehende Arbeitsverhältnisse Geltung verschaffen zu wollen.
b) Das Benachteiligungsverbot des Art. 1 § 2 Abs. 1 BeschFG 1985 gilt für einseitige Maßnahmen des Arbeitgebers wie die Ausübung des Direktionsrechts (Wlotzke, aa0; Löwisch, aa0; von Hoyningen-Huene, Das neue Beschäftigungsförderungsgesetz 1985, NJW 1985, 1801, 1802).
c) Das in Art. 1 § 2 Abs. 1 BeschFG 1985 normierte Benachteiligungsverbot setzt ungeschrieben voraus, daß Teilzeitbeschäftigte und Vollzeitbeschäftigte von der Funktion ihrer Tätigkeit her vergleichbar sind (Halbach, BeschFG, S. 37; GK-TzA-Lipke, Art. 1 § 2 Rz 81). So verhält es sich im Streitfall. Die teilzeit- und die vollzeitbeschäftigten Bibliotheksangestellten in der Ausleihe der B üben dieselben Funktionen aus. Das gilt auch angesichts dessen, daß die Teilzeitbeschäftigten wie der Kläger nur für die Öffnungszeiten und damit für Arbeiten in der Ausleihe eingestellt sind, während die Vollzeitbeschäftigten außerdem zu Arbeiten außerhalb der Öffnungszeiten in den anderen Bereichen der Bibliothek verpflichtet sind. Diese unterschiedliche vertragliche Gestaltung der Arbeitsverhältnisse führt jedoch nicht zur Unvergleichbarkeit, sondern könnte allenfalls einen die unterschiedliche Behandlung rechtfertigenden Grund darstellen.
d) Das beklagte Land behandelt den Kläger im Vergleich zu seinen vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Kollegen unterschiedlich. Denn gemessen an ihrer täglichen und wöchentlichen individuellen Arbeitszeit werden sie in unterschiedlichem Maß zu Arbeiten herangezogen, bei denen ein EDV-gesteuertes Arbeitsmittel benutzt werden muß.
e) Das Gesetz verbietet nur die unterschiedliche Behandlung „wegen der Teilzeitarbeit“. Es erlaubt damit Differenzierungen aus anderen Gründen. Es gestattet ferner eine unterschiedliche Behandlung wegen der Teilzeitbeschäftigung, wenn sachliche Gründe vorliegen. Die Grenzen zwischen beiden Tatbestandsmerkmalen können im Einzelfall fließend sein.
aa) Die amtliche Begründung nennt als Gründe, die eine unterschiedliche Behandlung wegen der Teilzeitarbeit erlauben, beispielhaft Arbeitsleistung, Qualifikation, Berufserfahrung, soziale Lage und unterschiedliche Arbeitsplatzanforderungen (BR-Drucks. 393/84, S. 25/26). Mit dieser unvollständigen Aufzählung werden Umstände genannt, aus denen der Arbeitgeber oder die Parteien des Arbeitsverhältnisses mit einseitiger Behandlung oder vertraglicher Gestaltung (Behandlung i.S. des Art. 1 § 2 Abs. 1 BeschFG 1985 umfaßt auch zweiseitige Regelungen; BAG Urteil vom 25. Januar 1989 – 5 AZR 161/88 -; Wlotzke, aa0; Löwisch, aa0; a.A. Hoyningen-Huene, aa0) unterschiedliche Folgen ableiten. Anordnung oder Vereinbarung beruhen dann nicht auf dem unterschiedlichen zeitlichen Umfang der Arbeitsverpflichtung. Im Streitfall haben das beklagte Land unbestritten Gründe des Arbeitsschutzes, insbes. arbeitsmedizinische Gründe bewogen, seine vollzeitbeschäftigten Bibliotheksangestellten nicht länger als 20 Stunden pro Woche mit Arbeiten an Bildschirmgeräten zu betrauen. Dabei hat es sich von Erkenntnissen leiten lassen, die es in seinen Richtlinien niedergelegt hat, die ihrerseits die Sicherheitsregeln für Bildschirmarbeitsplätze im Bürobereich des Bundesverbandes der Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand und die DIN-Normen einbeziehen. Danach ist nicht etwa untersagt, vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer zu mehr als 50 % mit Aufgaben an Bildschirmgeräten zu betrauen. Ein solcher Einsatz führt lediglich dazu, daß ein Bildschirmarbeitsplatz geschaffen worden ist (I 2 der Richtlinien) und bestimmte weitere, dem Schutz des Arbeitnehmers dienende Maßnahmen wie ärztliche Untersuchungen, Einweisungen und Einarbeitungen, Arbeitsunterbrechungen vorzunehmen sind. Mit seiner Anordnung, die vollzeitbeschäftigten Bibliotheksangestellten nur bis zu 20 Stunden pro Woche an den Bildschirmgeräten zu beschäftigen, wollte das beklagte Land es demnach vermeiden, diese Angestelltengruppe gesundheitlichen Belastungen auszusetzen, wodurch Ausgleichsmaßnahmen erforderlich geworden wären. Anknüpfungspunkt für die Anweisung ist also nicht der Umfang der individuellen vertraglichen Arbeitszeit, sondern der Gesundheitsschutz. Diese Überlegungen rechtfertigen es anzunehmen, das beklagte Land habe die unterschiedliche Behandlung gar nicht „wegen der Teilzeitbeschäftigung“ angeordnet und die Klage könne bereits deswegen keinen Erfolg haben, wie es das Landesarbeitsgericht angenommen hat.
bb) Ebenso denkbar ist es jedoch, in diesen Beweggründen den sachlichen Grund im Sinne der Ausnahmebestimmung des Gesetzes zu sehen. Das kann jedoch dahingestellt bleiben. Denn das beklagte Land verstößt mit seiner arbeitsmedizinisch motivierten Anordnung zu unterschiedlicher Behandlung nicht gegen die gesetzliche Bestimmung. Mit Erlaß der Richtlinien zur Regelung der Arbeitsbedingungen für Arbeitnehmer auf Bildschirmarbeitsplätzen hat sich das beklagte Land insoweit selbst gebunden, als feststeht, wann ein Bildschirmarbeitsplatz vorliegt und von welcher zeitlichen Beschäftigungsdauer an es sich verpflichtet, für derartige Arbeitsplätze besondere Maßnahmen zu ergreifen. Es hat zugleich mit 20 Wochenstunden die zeitliche Obergrenze festgelegt, bis zu der Arbeitnehmer ohne besondere Maßnahmen an Bildschirmgeräten eingesetzt werden können. Es ist nicht zu beanstanden, wenn das beklagte Land in Ausführung der Richtlinien durch Begrenzung der Arbeit an Bildschirmgeräten auf 20 Wochenstunden von der Errichtung von Bildschirmarbeitsplätzen absieht und dabei die Beschäftigung der Teilzeitbeschäftigten mit nur 20 Wochenstunden unberührt läßt und die Arbeiten an Bildschirmgeräten nicht parallel auf 10 Wochenstunden senkt, weil die selbst gesetzte, sich an den arbeitsmedizinischen Erkenntnissen orientierte Belastungsgrenze von dieser Angestelltengruppe nicht überschritten werden kann. Nach der vom beklagten Land betroffenen Regelung hätte lediglich der Teilzeitbeschäftigte mit mehr als 20 Wochenstunden einen Anspruch auf Reduzierung der Arbeiten an Bildschirmgeräten bis zur Obergrenze von 20 Wochenstunden gehabt, wie das beklagte Land in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zutreffend erkannt hat. Ein solchermaßen teilzeitbeschäftigter Bibliotheksangestellter hätte jedoch ebensowenig eine prozentuale Reduzierung seiner Tätigkeit an Bildschirmgeräten gehabt wie der Kläger oder ein mit einer Stunde pro Arbeitstag beschäftigter Teilzeitmitarbeiter eine Reduzierung seiner Arbeit auf eine halbe Stunde pro Tag hätte verlangen können, wie der Kläger – von seinem Rechtsstandpunkt konsequent – annimmt.
6. Die getroffene Maßnahme des beklagten Landes, den Kläger von der Regelung für Vollzeitbeschäftigte auszunehmen, ist auch deswegen nicht zu beanstanden, weil der Kläger nicht etwa während der gesamten Dauer seiner täglichen Arbeitszeit Tätigkeiten am Bildschirm nachgehen muß. Nach seinem eigenen Vorbringen machen die Tätigkeiten mit Benutzung des Bildschirms lediglich etwa drei Stunden pro Tag = 75 % seiner Arbeitszeit aus. Damit unterliegt der Kläger nicht der Gefahr einer dauerhaften monotonen Beschäftigung wegen seiner Teilzeitbeschäftigung, sondern hat einen Mischarbeitsplatz im Sinne der Nr. VII der mangels Vorliegens der Voraussetzungen allerdings für sein Arbeitsverhältnis nicht einschlägigen Richtlinien. Ihm werden daher ausreichend abwechselnde Tätigkeiten geboten, so daß auch ein Verstoß des beklagten Landes gegen § 315 BGB zu verneinen ist.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.
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