Gericht: Verwaltungsgericht Köln
Entscheidungsdatum: 26.09.1984
Aktenzeichen: 6 L 870/84
Entscheidungsart: Beschluss
eigenes Abstract: Aufgrund von wiederholter, nicht rechtzeitiger Rückgabe von Büchern aus dem Präsenzbestand soll ein Bibliotheksnutzer von der Benutzung einer Fachhochschulbibliothek ausgeschlossen werden. Gegen diesen Ausschlussbescheid klagt der Nutzer. Die Klage wird abgewiesen, da das öffentliche Interesse an der Nutzung des Präsenzbestandes wichtiger ist als sein privates Interesse an der Bibliotheksbenutzung.
Aus den Gründen
Im Rahmen des Verfahrens zur Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Absatz 5 VwGO hat das Gericht zu prüfen, ob das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Bescheides gegenüber den Interessen des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs überwiegt. Einer ins Einzelne gehenden Interessenabwägung bedarf es dann nicht, wenn die angefochtene Verfügung offensichtlich rechtmäßig oder offensichtlich rechtswidrig ist. Ein solcher Fall ist hier indessen nicht gegeben, weil im vorliegenden summarischen Verfahren nicht mit der für gerichtliche Entscheidungen erforderlichen Sicherheit festgestellt werden kann, dass der angefochtene Bescheid rechtmäßig oder rechtswidrig ist. Bei der demnach vorzunehmenden Interessenabwägung überwiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheides das Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs.
Zunächst erscheint der Kammer der Bescheid vom 8. Dezember 1983 eher rechtmäßig als rechtswidrig, ohne dass die Rechtmäßigkeit offensichtlich ist. Nach § 16 der Benutzungsordnung für die Bibliothek der Fachhochschule aus dem Jahre 1979 kann der Leiter der Bibliothek einen Benutzer dann von der Benutzung der Bibliothek ganz oder teilweise und zeitweise oder dauernd ausschließen, wenn dieser wiederholt oder in grober Weise gegen die Benutzungsordnung verstößt.
Hiernach stellt nach Auffassung der Kammer die verspätete Rückgabe eines Buches aus den Präsenzbeständen der Fachhochschulbibliothek im vorliegenden Fall einen gravierenden Verstoß gegen die Benutzungsordnung dar. Denn nach § 8 Absatz 4 der Benutzungsordnung können Bücher aus den Präsenzbeständen der Bibliothek nur während der Schließungszeiten ausgeliehen werden. Hierauf wird auch auf den Scheinen für Kurzausleihen ausdrücklich hingewiesen, so dass einem jedem Benutzer klar sein muss, dass eine unverzügliche Rückgabe des ausgeliehenen Präsenzbuches zum Ende der Leihzeit gerade bei dieser Art von Büchern besonders dringlich ist. Wenn gleichwohl ein Präsenzbuch der Bibliothek für mehr als zehn Tage vorenthalten und damit ihre Ausstattung geschmälert und andere Benutzer bei ihrem bestimmungsgemäßen Gebrauch der Präsenzbibliothek auf längere Zeit behindert werden, dann liegt hierin nach Auffassung der Kammer kein einfacher Verstoß mehr gegen die Pflichten eines Benutzers. Grundsätzlich dürfte ein solches Verhalten auch den Ausschluss von der Benutzung der Bibliothek rechtfertigen. Zweifel bestehen allerdings, ob dieses Verhalten allein als ein so grober Verstoß gegen die Benutzungsordnung gewertet werden kann, dass ein Ausschluss von der weiteren Benutzung der Bibliothek ohne jede Einschränkung in zeitlicher oder sachlicher Hinsicht rechtlich zulässig ist. Der Antragsgegner stützt sein Vorgehen zwar auch auf das Verhalten des Antragstellers bei der Rückgabe des Buches am 6. Dezember 1983, jedoch können insofern die Darlegungen des Antragsgegners nicht der Entscheidung zugrunde gelegt werden, weil der Antragsteller eine andere Darstellung der Ereignisse gibt und im summarischen Verfahren nicht geklärt werden kann, was am 6. Dezember 1983 wirklich vorgefallen ist….
Die mithin notwendige nähere Abwägung der widerstreitenden Interessen ergibt, dass das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheides das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs überwiegt.
Das besondere öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheides vom 8. Dezember 1983 liegt in der Gewährleistung des ungestörten Bibliothekbetriebes der Fachhochschulbibliothek. Hierzu gehört, dass eine erneute Ausleihe von Büchern aus den Präsenzbeständen der Bibliothek des Antragsgegners zu unterbinden ist….
Diesem besonderen öffentlichen Interesse des Antragsgegners steht kein entsprechend gewichtiges privates Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs gegenüber. Zwar ist als richtig zu unterstellen, dass der Antragsteller in der Fachhochschulbibliothek des Antragsgegners die Bücher, derer er beruflich und privat bedarf, finden kann. Jedoch ist für die Kammer nicht zu erkennen, dass der Antragsteller diese Bücher ausschließlich in der Bibliothek des Antragsgegners ausleihen könnte und daher auf die Benutzung dieser Bibliothek zwingend angewiesen wäre. Denn dem Antragsteller stehen neben der Bibliothek des Regierungspräsidenten noch eine Reihe weiterer Bibliotheken in … – beispielsweise seien genannt: die Universitäts- und Stadtbibliothek und die Bibliothek des Oberlandesgerichts – zur Verfügung. Da dem Antragsteller die Benutzung dieser Bibliotheken auch zugemutet werden kann, vermag dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung in der Interessenabwägung nicht der Vorzug vor dem Interesse des Antragsgegners an der sofortigen Vollziehung gegeben werden.