Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Entscheidungsdatum: 19.01.2005
Aktenzeichen: VII-Verg 58/04
Entscheidungsart: Beschluss
eigenes Abstract: Nach der Vergabe eines Auftrages zur Massenentsäuerung an ein Konkurrenzunternehmen, beharrte einer der an der Ausschreibung teilgenommenen Betriebe darauf, der besser geeignete Kandidat zu sein. Er wollte die Vergabe des Auftrages an ihn vor Gericht durchsetzen. Seine Beschwerde gegen den Beschluss der zuständigen Vergabekammer wurde zurückgewiesen.
Instanzenzug:
– BKartA Bonn vom 30.07.2004, Az. VK 3-86/04
– OLG Düsseldorf vom 19.01.2005, Az. VII-Verg 58/04
Tenor:
I. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der 3. Vergabekammer des Bundes vom 30. Juli 2004 (VK 3-86/04) wird zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens und des Verfahrens nach § 118 Abs. 1 S. 3 GWB einschließlich der dort entstandenen notwendigen Auslagen der Antragsgegnerin und der Beigeladenen zu tragen.
III. Die Hinzuziehung eines anwaltlichen Bevollmächtigen war für die Beigeladene in der Beschwerdeinstanz erforderlich.
IV. Streitwert für das Beschwerdeverfahren: 58.912,92 EUR.
I.
Die Antragsgegnerin schrieb den Abschluss eines Rahmenvertrages über die Massenentsäuerung und Konservierungsleistungen zur Bestandserhaltung von Bibliotheks – und Archivgut in zwei Losen aus. Das Los 1 betraf das Bibliotheksgut, das Los 2 das Archivgut. Die Vertragsdauer sollte sich über einen Zeitraum vom 1.3.2004 bis zum 31.12.2006 erstrecken, wobei eine Option vorsah, den Vertrag um jeweils ein Jahr bis maximal zum 31.12.2008 zu verlängern.
Die Antragsgegnerin übersandte den Bietern die Angebotsaufforderung mit den dazu gehörigen Vergabeunterlagen nebst einer Leistungsbeschreibung (Anlage Bf 3), wo es unter Ziffer 3 heißt:
a.“3. Qualitätsvereinbarungen:
3.1. Die toxikologische Unbedenklichkeit des behandelten Materials ist durch den Auftragnehmer auf der Basis verbindlicher Atteste zu belegen. Sie hat insbesondere den geltenden Gesetzen der Bundesrepublik Deutschland und den Normen der EU (z.B. Chemikalienverordnung, Sicherheitsblätter) zu genügen.
3.2 Es ist im gesamten zu entsäuernden Material durchgängig und gleichmäßig ein pH-Wert im Rahmen von mindestens 7,5 und höchstens 9,5 zu gewährleisten. Spezifische Anforderungen innerhalb dieses Rahmens sind bei entsprechenden Materialien nach Vorgabe der Abrufberechtigten zu berücksichtigen. Bei bis zu 3 % der entsäuerten Materialien pro Auftrag ist eine geringe Abweichung hinnehmbar. Eine Kontrolle erfolgt anhand der gelieferten dokumentarischen Unterlagen, die gemäß 2.3 Teil der Leistung sind.
3.3 Eine alkalische Reserve in Form einer Erdalkaliverbindung ist einzubringen. Dies erfolgt in Absprache mit den Abrufberechtigten je nach Erfordernis des Materials, jedoch ist das Einbringen von mindestens 0,5 Ma. % MgCO 3 zu gewährleisten. Die alkalische Reserve muss gleichmäßig im Papier eingelagert sein.
3.4 Als weitere Qualitätsstandards sind die folgenden Kriterien zu beachten:
Der Originalzustand muss unverändert und ohne Deformation erhalten sein, u.a. dürfen keine Veränderung in der Funktion von Bindung oder Einband und keine Veränderung in den Klebungen auftreten.
Keine Farbveränderungen (Auslaufen von Farben) beim Einband und Schnitt des Buchblocks, bei Stempel und Druckfarben und bei Tinten. Die Fixierung der Farben des Bibliotheks- und Archivguts ist zulässig….
Keine sichtbaren Ablagerungen an der Außenseite der Bücher im Buchblock oder auf den Archivalien.
Keine dauerhaften, behandlungsbedingten Geruchsbelästigungen.
Keine Verringerung der mechanischen Festigkeit (Reißfestigkeit/Flexibilität)
Keine Einschränkung der Lesbarkeit der Materialien
Keine Verdickungen des Materials über 10 % des ursprünglichen Umfangs. “
Auf Seite 5 der Leistungsbeschreibung sind die Zuschlagskriterien wie folgt angegeben:
„Der Zuschlag wird auf das wirtschaftlichste Angebot unter Berücksichtigung der folgenden Kriterien erteilt:
a.1. Technischer Wert gem. den beigefügten Nachweisen
2. Preis
Die Reihenfolge der genannten Zuschlagskriterien entspricht gleichzeitig der Rangfolge, die bei der Bewertung der Angebote zum Tragen kommt.“
Am 16.1.2004 reichte die Antragstellerin ihr Angebot ein. Mit Schreiben vom 27.2.2004 (Anlage Bf 14) teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit, dass ihr der Zuschlag aus „preislichen Gründen“ nicht erteilt werde und beabsichtigt sei, die Beigeladene zu beauftragen. Die Antragstellerin rügte die beabsichtigte Entscheidung der Antragsgegnerin und beantragte mit Schriftsatz vom 12.3.2004 die Vergabenachprüfung durch das Bundeskartellamt. Die 3. Vergabekammer des Bundes entschied durch Beschluss vom 14.4.2004, dass die Antragsgegnerin die Wertung der Angebote der Antragstellerin und der Beigeladenen unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der Vergabekammer zu wiederholen habe (Anlage Bf 15). Die bisherige Wertung der Antragsgegnerin weise ein Abwägungsdefizit auf, weil sie sich nicht – jedenfalls nicht dokumentiert – mit den Vor- und Nachteilen der von der Antragstellerin und der Beigeladenen angebotenen Entsäuerungsmethoden „Papersave“ und „CSC“ in Bezug auf die Erfüllung der nach der Ausschreibung geforderten Qualitätsstandards auseinandergesetzt habe. Sie habe sich vielmehr darauf beschränkt, die Arbeitsproben und eingereichten Nachweise der beiden Bieter zu untersuchen. Es fehle eine Auseinandersetzung mit der sich anschließenden Frage, ob die konkurrierenden Verfahren gleich geeignet seien, die gesamte vertraglich geschuldete Leistung in der von der Antragsgegnerin vorgegebenen Qualität zu erbringen. Die diesbezüglich von der Antragsgegnerin zu erstellende Prognose dürfe nicht allein auf der Auswertung der Arbeitsproben beruhen. Auch habe die Antragsgegnerin ihrer Dokumentationspflicht nicht genügt.
Nach Bestandskraft des unangefochten gebliebenen Beschlusses rief der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin am 7.5.2004 bei der Antragsgegnerin an, um sich nach dem Verfahrensstand zu erkundigen. Deren Mitarbeiter C. teilte mit, dass die Antragsgegnerin beabsichtige, in eigener Zuständigkeit die Massenentsäuerungsverfahren der beiden Bieter dahin zu prüfen, ob die Verfahren die Qualitätskriterien der Verdingungsunterlagen gewährleisten. Die Antragstellerin nahm das Telefonat zum Anlass, mit Schreiben vom 10.5.2004 darzulegen, welche weiteren Prüfschritte sie für eine Wertung der Angebote für erforderlich hielt, hier namentlich die Einholung eines Sachverständigengutachtens. Als Sachverständigen benannte sie Herrn Dr. H. von der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung in Berlin.
Mit Schreiben vom 15.6.2004 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin erneut mit, dass die Beigeladene den Zuschlag erhalten werde. Die Beigeladene habe das preisgünstigere Angebot abgegeben; ihr CSC-Entsäuerungsverfahren sei gegenüber dem Verfahren „Papersave“ der Antragstellerin in technischer Hinsicht gleichwertig. Auf die Rügen der Antragstellerin blieb die Antragsgegnerin blieb bei ihrem Standpunkt. Die Antragstellerin beantragte daraufhin erneut die Vergabenachprüfung und beanstandete, dass die Antragsgegnerin die Vorgaben der Vergabekammer im Beschluss vom 14.4.2004 hinsichtlich der Vorgehensweise und des Umfangs der notwendigen Wertungsschritte nicht ausreichend umgesetzt habe.
Mit Beschluss vom 30.7.2004 (Anlage Bf 24) hat die Vergabekammer den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin als unbegründet zurückgewiesen. Sie hat ausgeführt, dass die Antragsgegnerin die Angebote nunmehr korrekt gewertet und insbesondere mit Blick auf den Verzicht auf ein Sachverständigengutachten den ihr zustehenden Beurteilungsspielraum nicht überschritten habe.
Dagegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer sofortigen Beschwerde vom 20.8.2004, beim Oberlandesgericht eingegangen per Telefax am selben Tage. Sie ist der Ansicht, dass ihr der Zuschlag zu erteilen sei. Die Beigeladene verfüge schon nicht über ausreichende sachliche und personelle Mittel, um die von der Antragsgegnerin geforderten Qualitätsstandards und Leistungsmengen zu erbringen. Ihr Angebot müsse daher von Wertung ausgeschlossen werden. Jedenfalls habe die Antragsgegnerin aufgrund einer Ermessensreduzierung auf Null ein Sachverständigengutachten über den technischen Wert der beiden konkurrierenden Verfahren einholen müssen. Ein solches Gutachten würde belegen, dass ihr „Papersave“-Verfahren allgemein und in Bezug auf den ausgeschriebenen Auftrag ungleich besser sei als das „CSC“-Verfahren der Beigeladenen.
Die Antragstellerin beantragt in der Sache,
die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Vergabekammer zu verpflichten, unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats über die Sache erneut zu entscheiden.
Die Antragsgegnerin und die Beigeladenen beantragen, die sofortige Beschwerde der Antragstellerin zurückzuweisen. Sie halten die Beschwerde für unzulässig. Im Übrigen treten sie den Ausführungen der Antragstellerin im Einzelnen entgegen. Die Beigeladene meint überdies, das Angebot der Antragstellerin müsse seinerseits von der Wertung ausgeschlossen werden, weil sie, die Antragstellerin, die für den Auftrag erforderlichen betrieblichen und personellen Kapazitäten nicht besitze.
II.
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig, jedoch unbegründet.
1. Das Rechtsmittel der Antragstellerin ist zulässig.
a) Die Beigeladene macht geltend, die Antragstellerin habe entgegen
§ 117 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 GWB das von ihr verfolgte Rechtsschutzziel nicht mitgeteilt. Indes will die Antragstellerin unzweideutig die Entscheidung der Vergabekammer aufgehoben wissen und eine Wiederholung der Wertung mit einem für sie günstigen Ergebnis erreichen.
b) Das Rechtsmittel ist auch rechtzeitig eingelegt worden.
Die Beigeladene meint, die nach §117 Abs. 1 S. 1 GWB binnen einer Frist von zwei Wochen ab Zustellung der Vergabekammerentscheidung einzulegende sofortige Beschwerde der Antragstellerin sei verfristet. Der Beschluss der Vergabekammer sei den Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin am 2.8.2004 zugestellt worden. Die erst am 20.8.2004 beim Oberlandesgericht Düsseldorf per Telefax eingelegte sofortige Beschwerde sei daher verspätet. Die Antragstellerin trägt demgegenüber vor, dass der angefochtene Vergabekammerbeschluss ihren Verfahrensbevollmächtigten mit der Tagespost am 6.8.2004 gegen 12 Uhr zugegangen sei. Am 6.8.2004 sei ihr Verfahrensbevollmächtigter Rechtsanwalt Hager infolge Urlaubs nicht in der Kanzlei gewesen. Sein Urlaubsvertreter Rechtsanwalt Zebisch sei am 6.8.2004 von 9 Uhr bis 18 Uhr auf einer Dienstreise gewesen und nach Rückkehr nicht mehr in die Kanzlei gekommen. Die Unterzeichnung des Empfangsbekenntnisses sei erst am 9.8.2004 durch Rechtsanwalt Zebisch erfolgt.
Die Einwände der Beigeladenen greifen nicht durch, ohne dass es hierzu einer Beweisaufnahme bedarf. Nach der Rechtsprechung genügt für eine Zustellung durch Empfangsbekenntnis nach § 5 Abs. 2 VwZG des Bundes i.V.m. § 56 VwGO nicht, dass das zuzustellende Schriftstück in die Kanzlei des als Zustellungsempfänger bezeichneten Rechtsanwalts gelangt, sondern der als Zustellungsadressat bezeichnete Anwalt muss, damit die Zustellung bewirkt wird, das zuzustellende Schriftstück persönlich als zugestellt annehmen (vgl. BVerwG NJW 1979, 1998). Die Zustellung ist dabei im Sinne der Übergabe eines zuzustellenden Schriftstücks grundsätzlich erst an dem Tage bewirkt, an dem der Zustellungsempfänger durch seine datierte Unterschrift urkundlich bestätigt, vom Zugang des Schriftstücks Kenntnis erlangt und es empfangsbereit entgegen genommen zu haben (vgl. BVerwG NJW 1980, 2427; Senat, Beschluss vom 2.8.2002, Verg 25/02). Letzteres geschah hier am 9.8.2004. Die am 20.8.2004 eingereichte sofortige Beschwerde ist daher ersichtlich nicht verspätet eingelegt worden.
2. Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin ist zulässig. Insbesondere fehlt der Antragstellerin nicht die nach § 107 Abs. 2 GWB geforderte Antragsbefugnis, weil sie mangels betrieblicher Leistungsfähigkeit keine Chance auf den Zuschlag hätte. Nach ihrem schlüssigen Vortrag verfügt sie über ausreichende technische und personelle Kapazitäten, um den Auftrag ordnungemäß zu erledigen, was für die Annahme ihrer Antragsbefugnis genügt (vgl. BGH vom 18.5.2004, NZBau 2004, 457 = VergabeR 2004, 473).
3. Der Nachprüfungsantrag und damit auch die sofortige Beschwerde der Antragstellerin haben jedoch in der Sache keinen Erfolg.
a) Entgegen der Ansicht der Antragstellerin ist das Angebot der Beigeladenen nicht wegen fehlender Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit generell von der Wertung auszuschließen.
Die Antragstellerin macht geltend, die Beigeladene sei nicht in der Lage, einen Auftrag des ausgeschriebenen Umfangs auszuführen; ferner könne sie aufgrund ihrer personellen Besetzung keine hinreichende Qualitätssicherung bieten. Ein darauf gestützter genereller Ausschluss des Angebots der Beigeladenen kommt indes schon aus Rechtsgründen nicht in Betracht. Nach dem bestandskräftigen Beschluss der Vergabekammer vom 14.4.2004 war das Vergabeverfahren ab dem Stadium der 4. Wertungsstufe wiederaufzugreifen und fortzusetzen. Der Beschlusstenor der Vergabekammer lautet in dem hier interessierenden Teil:
„Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, die Wertung der Angebote der Antragstellerin und der Beigeladenen in dem Vergabeverfahren…….unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der Vergabekammer zu wiederholen….“
Und in den zur Auslegung der Worte „Wertung der Angebote“ heranzuziehenden Beschlussgründen heißt es auf S. 14:
„Vorliegend hat die Antragsgegnerin ausweislich der Auswertungsbögen zwar die Qualitätsstandards von Ziffer 2 Der Leistungsbeschreibung abgeprüft und das Ergebnis in knapper Form festgehalten. Allerdings hat sie, wie die Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung erläuterte, die Prüfung darauf beschränkt, die Arbeitsproben zu untersuchen und die von den Bietern selbst eingereichten Nachweise zu prüfen. Diese Prüfungsschritte sind selbstverständlich vergaberechtlich legitim bzw. – weitergehend – sogar geboten. Problematisch ist jedoch, dass die Antragsgegnerin ihren Wertungsvorgang an dieser Stelle bereits mit dem Ergebnis abgeschlossen hat, die hier streitgegenständlichen Verfahren seien gleichwertig. …
(Unterstreichungen durch den Senat)
Mit Blick auf die vier Wertungsstufen des § 25 VOL/A bedeutet dies, dass nach der Rechtsauffassung der Vergabekammer nur die letzte Wertungsphase wiederholt werden musste, ein Zurückgehen auf eine frühere Wertungsstufe danach grundsätzlich, vorbehaltlich neuer Erkenntnisse, unzulässig war. Solche neuen Erkenntnisse, die Zweifel an der Eignung und Leistungsfähigkeit der Beigeladenen begründen könnten, lagen und liegen hier jedoch nicht vor.
b) Danach geht es hier nur noch um die letzte Wertungsphase nach
§ 25 Nr. 3 VOL/A, in welcher der öffentliche Auftraggeber aus den Angeboten der engeren Wahl das wirtschaftlichste Angebot ermittelt.
aa) Für diesen Wertungsschritt nennen die EG-Vergaberichtlinien beispielhaft eine Reihe von Kriterien, die zur Bestimmung des wirtschaftlichsten Angebotes herangezogen werden können. Aus diesem weder abschließenden noch zwingenden Katalog hat sich die Antragsgegnerin für die Kriterien „technischer Wert“ und „Preis“ entschieden und dabei dem „technischen Wert“ das größere Gewicht beigemessen. Nur in Bezug auf die Wertung dieser beiden Kriterien hatte sie nach dem bestandskräftigen Beschluss der Vergabekammer vom 14.4.2004 unter Berücksichtigung der Auffassung der Vergabekammer die Vergabe zu wiederholen.
Auf Seite 14 des Beschlusses vom 14.4.2004 führt die Vergabekammer aus, dass die Antragsgegnerin die eingereichten Arbeitsproben untersucht und ihre Nachweise geprüft habe. Dies sei – für sich gesehen – sogar geboten gewesen. Entgegen der im Senatstermin von der Antragstellerin geäußerten Ansicht hat die Vergabekammer es mithin sogar ausdrücklich gebilligt, dass die Antragsgegnerin ihre Entscheidung auch auf die Auswertung von Arbeitsproben stützen wollte. Allerdings – so die Vergabekammer weiter – habe die Antragsgegnerin unzulässigerweise schon an dieser Stelle ihre Bewertung mit dem Ergebnis abgeschlossen, die Verfahren der Antragstellerin und der Beigeladenen seien technisch gleichwertig. Im Einzelnen hat die Vergabekammer das Fehlen einer nachvollziehbaren Abwägungsentscheidung, die im Rahmen einer Prognose anzustellen und nicht nur auf den Arbeitsproben basieren dürfe, beanstandet.
Die von der Antragsgegnerin im Anschluss an die bestandskräftige (und damit bindende) Vergabekammerentscheidung zu wiederholende Wertung durfte (und musste) also auf den eingereichten Arbeitsproben der Bieter beruhen. Zusätzlich hatte die Antragsgegnerin weitere Erkenntnisquellen heranzuziehen. Welche dies im Einzelnen waren, hat die Vergabekammer nicht vorgegeben und oblag daher dem Beurteilungsspielraum der Antragsgegnerin. Zudem war die Antragsgegnerin gehalten, die Vor- und Nachteile der beiden konkurrierenden Massenentsäuerungsverfahren im Rahmen einer auftragsbezogenen Prognose gegeneinander abzuwägen.
bb) Einen diesen Anforderungen genügenden Wertungsvorgang hat die Antragsgegnerin ausweislich ihres Vergabevermerkes vom 15.6.2004 durchgeführt.
(1) Indem sie die angebotenen Trockenverfahren anderer Bieter erneut ausgesondert und von den drei verbliebenen Anbietern von Flüssigphasenverfahren die Antragstellerin und die Beigeladene in die engere Wahl genommen hat, hat sie nach dem oben Ausgeführten sogar mehr als notwendig (und zulässig) getan, nämlich eine frühere Wertungsstufe wiederholt, was ihr Wertungsergebnis jedoch nicht beeinflusst hat und daher vergaberechtlich unschädlich ist.
(2) Zu dem von der Vergabekammer im Beschluss vom 14.4.2004 vermissten „direkten Vergleich“ der Verfahren der Antragstellerin und der Beigeladenen hat die Antragsgegnerin auf S. 5 des Vergabevermerks Ausführungen gemacht. Dort stellt sie fest, dass bei beiden Verfahren – „Papersave“ und „CSC“ – eine ausreichende Neutralisierung der sauren Komponenten der geschädigten Papiere stattfinde. Das Verfahren der Antragstellerin habe Vorteile aufgrund der besonderen Vorbereitung des Behandlungsguts (Vortrocknung), ferner bei der gleichmäßigen Verteilung der Puffersubstanz, bei der Verhinderung unkontrollierter chemischer Reaktionen und auch bei der Stabilität der Behandlungslösung. Das Verfahren der Beigeladenen sei demgegenüber in Bezug auf die Trocknung wesentlich schonender, ferner könnten bei ihm irreversible Änderungen der Papierstruktur und optische Fehler sicherer vermieden werden. Die Nachteile des Angebots der Beigeladenen gegenüber dem der Antragstellerin würden durch Vorteile auf den anderen Gebieten ausgeglichen. Auf dieser Grundlage kommt die Antragsgegnerin in ihrem Vergabevermerk vom 15.6.2004 zu dem Zwischenergebnis:
„Gravierende Unterschiede des technischen Werts, die einen Einfluss auf das Preis/Leistungsverhältnis haben müssten, lassen sich durch die vergleichende Gegenüberstellung der beiden Verfahren nicht feststellen.“
Bei der vergleichenden Gegenüberstellung der Verfahren ist die Antragsgegnerin aber nicht stehen geblieben, sondern hat um die von der Vergabekammer geforderte auftragsbezogene Prognose ergänzt. Hierbei hat sie sachgerecht auf das Ziel der Ausschreibung, nämlich auf die Verbesserung der Alterungsbeständigkeit des Buch- und Archivmaterials, abgestellt, für welche die Qualität der gleichmäßigen Einlagerung der Puffersubstanz und die Veränderung des pH-Wertes im Material von Bedeutung ist. Ferner hat sie auf die positiven Erfahrungen mit der Antragstellerin als ihrer bisherigen Auftragnehmerin zurückgegriffen. Was die Beigeladene angeht, konnte sie sich auf solche Erfahrungen naturgemäß nicht beziehen. Jedoch konnte sie auf die überreichten Referenzen zurückgreifen, auch wenn diese nicht in größerem Umfange vorhanden waren, weil es sich um ein „relativ junges“ Verfahren handelte (so der Vergabevermerk). Einschlägig war eine Referenz der Landesbibliothek Berlin. Über deren Prüfung durch die Antragsgegnerin verhält sich eine Notiz vom 11.5.2004 betreffend ein Telefongespräch vom selben Tage, das der bei der Antragsgegnerin zuständige Chemiker Dr. S. und die Leiterin der historischen Sammlungen der Zentral- und Landesbibliothek Berlin (ZLB), Dr. G., führten, und in dem es heißt:
„Sie (Anm. des Senats: gemeint ist Frau Dr. G.) bestätigt, dass die Fa. P. in 2003 einen Auftrag über die Feinreinigung, Massenentsäuerung und Dekontaminierung durchgeführt hat. Die Fa. P. hat den Auftrag aufgrund einer Ausschreibung erhalten, in der sie das wirtschaftlichste Angebot der Firmen in der engeren Wahl abgegeben hatte. Bei der Wertung wurde insbesondere auch die große Erfahrung des wissenschaftlichen Leiters der P., Herrn Professor Dr. W., entsprechend gewürdigt.
In 2003 wurden über 18000 Bücher zur vollsten Zufriedenheit der ZLB von der FA. P. behandelt. Der gesamte Auftrag wurde in gutem Einvernehmen abgewickelt. Der Effekt der Massenentsäuerung wurde von der FA. P. nachgewiesen und dokumentiert. Sowohl organisatorisch als auch von der Qualität der Behandlung nach dem CSC – Verfahren sind keine Beanstandungen festgestellt worden.“
(Unterstreichungen durch den Senat)
„Ergänzend“ – so der Vergabevermerk ausdrücklich – zu dieser Referenz und der Arbeitsprobe der Beigeladenen hat die Antragsgegnerin die aktuellen Untersuchungsergebnisse des Prof. Dr. B. berücksichtigt, die dieser der Antragsgegnerin in einer Telefonauskunft vom 3.6.2004 und einem Mailschreiben vom 9.6.2004
übermittelt hat. Jenes Telefonat vom 3.6.2004 haben Dr. S. und Prof. Dr. B. geführt. Dr. S. hat hierzu in einer Notiz festgehalten, dass Prof. Dr. B. alle Untersuchungen im Rahmen der von ihm durchgeführten Studie betreffend das Verfahren der Beigeladenen abgeschlossen habe und nur noch die Publikation ausstehe. Weiter gibt die Telefonnotiz die Angaben des Prof. Dr. B. wörtlich wie folgt wieder:
„…Nach den gewonnenen Ergebnissen ist das Verfahren der Fa. P. als mindestens voll vergleichbar und geeignet im Verhältnis zu dem Verfahren der Fa. Z. einzustufen. Als Vorteil des Verfahrens ist anzusehen, dass eine Verformung der behandelten Bücher praktisch nicht auftritt und die Re-Konditionierung wesentlich unproblematischer ist, als bei dem Verfahren der Z.. Wegen der schonenderen Behandlung ist nach seinen Erkenntnissen das Risiko von unerwünschten Nebeneffekten geringer. Bei problematischen Farben und Materialien liegen vergleichbare Verhältnisse vor.“
(Unterstreichungen durch den Senat)
Sodann werden zur Untermauerung verschiedene Untersuchungsergebnisse aufgeführt. Abschließend heißt es in der Telefonnotiz des Dr. S., eine Versicherung des Prof. Dr. B. wiedergebend, wie folgt:
„Sämtliche Untersuchungen wurden streng neutral durchgeführt. Herr Prof. W. ist Honorarprofessor an der SABK. Eine Studentin der SABK ist bei der FA. P. angestellt. Beide sind nicht an der Studie beteiligt gewesen.“
Die Antragsgegnerin hat also keineswegs die Ergebnisse und Angaben des Prof. Dr. B. unkritisch übernommen, sondern diese – vertreten durch Dr. S. – in einem Gespräch unter Fachleuten hinterfragt und erörtert, wobei auch die Neutralität und Verlässlichkeit der Untersuchungen des Prof. Dr. B. zur Sprache gekommen und abgesichert worden sind.
Weiterhin hat sich die Antragsgegnerin ausweislich ihres Vergabevermerkes auf die Angaben des Prof. Dr. B. in seiner E-Mail vom 9.6.2004 gestützt, in der es u. a. heißt:
„…in der Anlage darf ich Ihnen noch ein paar Informationen zum CSC-Verfahren übermitteln. Es handelt sich hierbei um eine Risikoabschätzung entsprechend den Arbeiten, die wir im Rahmen unseres DFG-Projektes durchgeführt haben. Diese Daten werden in das Gutachten inhaltlich eingehen.
Zur Neutralität der Untersuchungen möchte ich ebenfalls noch eine kurze Bemerkung anführen. Herr Prof. Dr. W. W. ist seit langer Zeit Honorarprofessor an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste, er war dies auch schon zu einer Zeit, als er noch beim Z. beschäftigt war. Er ist mit dem Inhalt und der Durchführung des Gutachtens in keinster Weise befasst und hat selbstverständlich auch keinen Einfluss auf Resultate.
Darüber hinaus ist Frau Dipl. Rest. U. H. bei P. angestellt, nutzt aber die Infrastruktur des Studiengangs für ihre Arbeiten. Als Kontaktperson unterstützt sie die organisatorische Durchführung mancher Arbeiten, auch im Rahmen des Gutachtens, ist aber weder mit analytischen Untersuchungen, noch mit der Interpretation von Daten befasst. Sämtliche Untersuchungen von Probematerialien werden an zertifizierten Laboratorien durchgeführt und zwar bei der N. AG in Wi. und als Gegenanalyse bei der Wo.A…..“
Abschließend kommt die Antragsgegnerin in ihrem Vergabevermerk zu dem Wertungsergebnis, dass die Angebote der Antragstellerin und der Beigeladenen untereinander im technischen Wert gleichwertig seien und daher nach dem Angebotspreis zu entscheiden sei, mithin der Zuschlag auf die Beigeladene entfallen solle.
Die Antragsgegnerin hat danach die Verfahrensvorgaben der Vergabekammer eingehalten. Dabei ist ihrem Vergabevermerk auch zu entnehmen, dass sie lediglich die ihr von Prof. Dr. B. mitgeteilten Untersuchungsergebnisse zugrunde gelegt hat, nicht aber dessen erst später fertiggestelltes Gutachten, wie von der Antragsgegnerin in ihrem Schriftsatz vom 15.12.2004 zu Unrecht behauptet.
cc) Ohne Erfolg macht die Antragstellerin geltend, dass der Antragsgegnerin Wertungsfehler unterlaufen seien.
Auch die Antragstellerin nimmt – zutreffend – an, dass der öffentliche Auftraggeber bei der Leistungsbewertung von Angeboten grundsätzlich einen Beurteilungsspielraum hat, der nur auf Beurteilungsfehler überprüfbar ist, also insbesondere darauf, ob die Vergabestelle von einem zutreffend ermittelten Sachverhalt ausgegangen ist, den ihr eingeräumten Beurteilungsspielraum richtig interpretiert und eingehalten hat, und ob die Einschätzung auf unsachgemäßen Erwägungen beruht. Das dabei gefundene Wertungsergebnis muss zumindest vertretbar sein. All dies ist hier der Fall.
Entgegen der Ansicht der Antragstellerin ist der Antragsgegnerin nicht vorzuwerfen, kein Sachverständigengutachten über den technischen Wert der beiden konkurrierenden Massenentsäuerungsverfahren eingeholt zu haben. Hierzu ist vorab zu bemerken, dass die Vergabekammer in ihrer bestandskräftigen Entscheidung vom 14.4.2004 keine diesbezüglichen Vorgaben gemacht hat. Dessen ungeachtet war eine Begutachtung auch nicht zwingend geboten. Nach § 6 Nr. 1 VOL/A sollen die Sachverständigen in der Regel von den Berufsvertretungen vorgeschlagen werden, sofern der öffentliche Auftraggeber „die Mitwirkung von Sachverständigen zur Klärung rein fachlicher Fragen für zweckmäßig“ hält. Das Wort „zweckmäßig“ bestätigt, dass dem öffentlichen Auftraggeber auch in dieser Frage ein Beurteilungsspielraum zusteht. Diesen hat die Antragsgegnerin im Streitfall nicht überschritten.
(1) Dem lässt sich nicht durchgreifend entgegenhalten, der Antragsgegnerin habe schon die notwendige Sachkenntnis gefehlt. Zu Recht hat die Vergabekammer darauf hingewiesen, dass der Mitarbeiter der Antragsgegnerin, Dr. S., von Beruf Chemiker sei und das Personal der Bedarfsträgerin jedenfalls über eine gewisse Sachkunde verfüge.
(a) Gegen die Sachkunde des Dr. S. bringt die Antragstellerin nichts Konkretes vor. Als Chemiker ist Dr. S. für das in Rede stehende Fachgebiet ersichtlich qualifiziert. Zudem trägt die Antragsgegnerin unwidersprochen vor, dass Dr. S. auch mit der Beschaffung von Entsäuerungsleistungen Erfahrungen habe. Schließlich belegen die dokumentierten Fachgespräche des Dr. S. mit Prof. Dr. B. seine Sachkenntnis. Zwar mag die Antragstellerin aus der Deutschen Bücherei L. hervorgegangen sein und – wie sie vorträgt – seinerzeit alle Mitarbeiter, die sich bis dahin mit der Entsäuerung von Buch- und Archivgut befasst hatten, in das damals neu gegründete Unternehmen übernommen haben. Ohne jede Kenntnisse auf dem Gebiet der Buchkonservierung dürfte die Bedarfsträgerin damit jedoch nicht geblieben sein. Diesbezüglich vorhandene Kenntnisse, die sich schon aus der täglichen Pflege des Buch- und Archivguts ergeben, liegen nahe, ohne dass es hier darauf entscheidend ankäme. Maßgebend ist die Qualifikation des Dr. S., so dass auch nicht von Relevanz ist, wenn die Antragstellerin darauf verweist, Prof. Dr. B. habe im Rahmen einer Studie vom September 2002 angemerkt hat, dass es Archivaren und Bibliothekaren sowie den befassten Restauratoren nahezu unmöglich sei, die am Markt angebotenen Entsäuerungsleistungen (selbständig) zu beurteilen.
Gegen die hinreichende Fachkunde des Dr. S. spricht nicht dessen E-Mail vom 3.6.2004 an die Mitarbeiterin der Bedarfsträgerin, Frau Sch. (Anlage Bf 26/2). Daraus ergibt sich nur, dass Dr. S. eine Begutachtung in der gegebenen strittigen Situation verfahrenstaktisch für am besten geeignet hielt. Dass er sich selbst eine vertretbare Beurteilung nicht zutraute, folgt daraus nicht.
(2) Auch die von der Antragstellerin angeführten weiteren Indizien gegen eine hinreichende Fachkunde der Antragsgegnerin tragen nicht.
Ohne Erfolg macht die Antragstellerin geltend, die Antragsgegnerin selbst habe die Hinzuziehung eines Sachverständigen für erforderlich gehalten, weil sie zunächst den Sachverständigen Dr. H. von der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung mit der Begutachtung der beiden Entsäuerungsverfahren beauftragt habe. Abgesehen davon, dass dies allein kein tragfähiges Indiz wäre, lässt sich auch nicht feststellen, dass die Antragsgegnerin einen solchen Auftrag an Dr. H. überhaupt erteilt hat. Noch in einer E-Mail vom 28.5.2004 an die Antragsgegnerin sprach Dr. H. lediglich allgemein von einer „Gutachtertätigkeit“ und wie diese vonstatten gehen könnte bzw. mit welchen Kosten zu rechnen sei. Dass Dr. H. am 25.5.2004 die Landesbibliothek Berlin aufsuchte und den dortigen Bestand in Augenschein nahm, lässt sich schon mit den naheliegenden Erfordernissen einer vorherigen Unterrichtung
über den Umfang eines Auftrags und einer Kostenabschätzung plausibel erklären.
Die Antragstellerin meint ferner, ein deutlicher Hinweis auf die mangelnde Sachkunde der Antragsgegnerin folge daraus, dass die Antragsgegnerin am 11.5.2004 auf dem Schriftsatz der Antragstellerin vom 10.5.2004 vermerkt habe, dass sie wohl nicht umhin kommen werde, Referenzmengen von der Beigeladenen und gegebenenfalls von der Antragstellerin neutral prüfen zu lassen. Auch dies ist kein tauglicher Beleg für eine mangelnde Sachkunde der Antragsgegnerin, sondern bestätigt nur, dass die Antragsgegnerin die Einholung eines Gutachtens vor allem aus verfahrenstaktischen Gründen erwogen hat. Gleiches gilt für das Schreiben der Antragsgegnerin vom 2.6.2004 an die Bedarfsträgerin (Anlage Bf 26), wonach die Entscheidung über eine Begutachtung gemäß einem Hinweis der Vorsitzenden der Vergabekammer zwar bei der Vergabestelle liege, man aber mit einem Gutachten auf der sicheren Seite sei, da die Antragstellerin ein Gutachten weiterhin fordere.
(c) Die Einholung eines Gutachtens war und ist für die Vergabeentscheidung auch nicht deswegen zwingend geboten, weil nach der Einschätzung des Dr. H. eine haptische und optische Begutachtung keine hinreichenden Aussagen über die Wirksamkeit bzw. Nachhaltigkeit des Restaurierungsverfahrens treffen könne (E-Mail vom 28.5.2004, Anlage Bf 25). In jener E-Mail des Dr. H. heißt es:
„In einer ersten Phase kann eine optische und haptische Begutachtung erfolgen, die insgesamt (mit Bericht etc.) etwa 12 Arbeitsstunden in Anspruch nehmen wird….
Das daraus resultierende Gutachten kann in keinster Weise Aussagen über die Wirksamkeit, bzw. Nachhaltigkeit des Restaurierungsverfahrens treffen. Hierfür sind in jedem Fall weitere Untersuchungen (nicht an den originalen Beständen, sondern an Testpapieren) erforderlich, die nicht mehr im Rahmen einer normalen Gutachtertätigkeit zu leisten sind. Hierfür wäre eine wissenschaftliche Vorstudie erforderlich…“
Diese Aussage des Dr. H. bezieht sich auf den Anspruch eines wissenschaftlichen Gutachtens, um das es hier nicht geht. Nach den Maßstäben der Wissenschaft mag eine wissenschaftliche Vorstudie für die Beurteilung zu fordern gewesen sein. Bei dem in Rede stehenden Beschaffungsvorgang war – im Rahmen eines fairen Vergabewettbewerbs – indes nur eine vertretbare Vergabeentscheidung zu treffen. Eine diesbezügliche Grundlage hätte zwar auch ein wissenschaftliches Gutachten erbringen können – der allein eröffnete Weg war dies jedoch nicht. Einen alternativen Weg hat die Antragsgegnerin in zulässiger Weise beschritten. Sie hat die Arbeitsproben der Bieter in Augenschein genommen und sachverständig durch den Chemiker Dr. S. geprüft. Sie hat die Verfahren vergleichend gegenübergestellt und in Bezug auf die Beigeladene die Erfahrungen einer anderen Bibliothek mit einem vergleichbaren Auftrag ausgewertet. Ihre daraus gezogenen Schlussfolgerungen hat sie durch eine Rückfrage bei einem anerkannten Fachmann, Prof. Dr. B., der zudem seinerzeit im Rahmen einer Studie mit den hier anstehenden Fragen befasst war, verifiziert.
(d) Soweit die Antragstellerin meint, auf Arbeitsproben, deren Herstellung der Auftraggeber nicht kontrollierend begleitet habe, sei generell kein Verlass, unterstellt sie eine allgemeine Unredlichkeit der Bieter, von der nicht ausgegangen werden kann. Zudem sieht die VOL/A gerade in schwierigen Fällen das Einholen von Probestücken ausdrücklich vor (vgl. § 8 Nr. 1 Abs. 2, Nr. 4 VOL/A). Schließlich hat die Antragstellerin die bieterseitige Hereingabe von Arbeitsproben zunächst nicht beanstandet, sondern entsprechend den Vergabebedingungen der Antragsgegnerin selbst eine Arbeitsprobe eingereicht.
(e) Eine das Ermessen auf Null reduzierende Verpflichtung der Antragsgegnerin, ein Gutachten einzuholen, folgt auch nicht aus den Ergebnissen der englischen Studie „INFOSAVE“.
Die Antragstellerin führt an, das Entsäuerungsverfahren der Beigeladenen basiere auf dem Verfahren eines spanischen Unternehmens. In Bezug auf jenes Verfahren habe die im Jahre 2003 publizierte Studie „INFOSAVE“ ergeben, dass von insgesamt 15 behandelten Büchern nur zwei Bücher keine unerwünschten Nebenerscheinungen zeigten. Fünf Bücher seien chemisch untersucht worden, davon hätten drei Bücher eine alkalische Reserve von unter 0,5 Gew. % aufgewiesen, womit die Anforderungen der Antragsgegnerin gemäß Ziffer 3.3 der Ausschreibungsunterlagen verfehlt würden.
Dem ist indes entgegenzuhalten, dass das INFOSAVE-Resultat aus der Zeit 2002/2003 stammt und nur 15 Bücher betraf. Es ist daher nur von geringer Aussagekraft und schon deshalb nicht geeignet, die von der Beigeladenen hinsichtlich eines Großauftrags über die Behandlung von mehr als 18.000 Büchern beigebrachte Referenz mit dem Prädikat „zur vollsten Zufriedenheit“ durchgreifend zu erschüttern. Zudem hat die Antragsgegnerin anhand der Arbeitsproben der Beigeladenen festgestellt, dass die Beigeladene die geforderten Ergebnisse erbringen kann. Gestützt wurde diese Einschätzung durch die aktuellen Untersuchungsergebnisse und Stellungnahmen des Prof. Dr. B. von Juni 2004. Auf diesem Hintergrund ist der von der Antragsgegnerin gezogene weitere Schluss mindestens gut vertretbar, dass die Beigeladene den ausgeschriebenen Auftrag in gleicher Qualität wie die Antragstellerin bewältigen wird.
Zudem setzt die Beigeladene, die im Jahre 2003 gegründet wurde, das CSC-Ausgangsverfahren nicht unverändert ein, sondern in einer weiterentwickelten Form. Dies gilt jedenfalls für die Phase der Vortrocknung bzw. deren Weglassung. Die INFOSAVE-Studie betraf indes noch das Ausgangsverfahren mit einer Vortrocknung des zu behandelnden Materials auf einen Feuchtigkeitsgehalt von 2 % bis 2,5 %. Dem Vergabevermerk der Antragsgegnerin vom 15.6.2004 und auch der Verfahrensbeschreibung der Beigeladenen in ihrem Angebot ist demgegenüber zu entnehmen, dass die Beigeladene eine Vortrocknung nur für Ausnahmefälle vorsieht und dies auch nur bis zu einer Restfeuchte von 5 %. Insoweit bestätigt sich die Richtigkeit der von der Antragstellerin zitierten Aussage des Prof. Dr. W. in der Vergabekammerverhandlung vom 5.4.2004, wonach die Beigeladene in ihrem Verfahren grundsätzlich auf eine Vortrocknung verzichtet. Schon wegen dieser Verfahrensunterschiede sind die Ergebnisse der INFOSAVE-Studie auf das aktuelle CSC-Verfahren der Beigeladenen nicht übertragbar.
(f) Eine Begutachtung ist entgegen der Ansicht der Antragstellerin auch nicht wegen einer aus der Weiterentwicklung drohenden Patentverletzung geboten. Die rechtlichen, jedoch nicht näher begründeten Zweifel der Antragstellerin muss die Antragsgegnerin nicht teilen. Sie darf annehmen und darauf vertrauen, dass die Beigeladene sich rechtmäßig verhält und die patentrechtliche Seite abgeklärt hat.
(3) Der Antragsgegnerin ist ein Vergaberechtsverstoß ebenso wenig insoweit anzulasten, als sie die Stellungnahmen des Prof. Dr. B. von 3.6. und 9.6.2004 in ihre Wertung hat einfließen lassen.
(a) Die Fachkunde des Prof. Dr. B. steht außer Streit, worauf schon die Vergabekammer zutreffend hingewiesen hat.
Ferner hat die Vergabekammer zutreffend ausgeführt, es sei nicht ersichtlich, dass Prof. Dr. B. ein anderes Verfahren geprüft habe als dasjenige, welches dem Angebot und der Arbeitsprobe der Beigeladenen zugrunde liegt.
Die hier interessierenden Untersuchungen des Prof. Dr. B. waren bei Abgabe seiner Stellungnahmen vom 3.6. und 9.6.2004 – nur diese hat die Antragsgegnerin bei ihrer Wertung berücksichtigt – auch schon abgeschlossen.
(b) Die Behauptung der Antragstellerin, Prof. Dr. B. sei von der Beigeladenen mit der Evaluierung entgeltlich beauftragt worden, hat sich nicht bestätigt. Zwar hatte die Antragstellerin kurz vor dem Verhandlungstermin vor der Vergabekammer ein Schreiben des Prof. Dr. B. vom 30.6.2004 (Bf 23) erhalten, mit welchem dieser mitteilte, dass die von ihm Ende Mai 2004 fertig gestellte Evaluierung des „CSC“-Entsäuerungsverfahrens der Beigeladenen „im Auftrag“ der Beigeladenen durchgeführt worden sei. Nach Lage der Akten ist aber nicht davon auszugehen, dass Prof. Dr. B. von der Beigeladenen gegen Bezahlung beauftragt worden war. Unwidersprochen trägt die Beigeladene hierzu vor (GA 172), Prof. Dr. B. sei auf sie zugekommen und habe sie gebeten, das von ihr angewendete Verfahren noch in seine für die DFG erarbeitete Studie einzubeziehen. Zu diesem Zweck habe er Bücher, die die Universitätsbibliothek Marburg ausgewählt hatte, bereit gestellt, welche sie, die Beigeladene, mit ihrem Verfahren entsäuert und dann zurückgesandt habe.
Auch in einer E-Mail an Dr. S. vom 11.6.2004 bezeichnet Prof. Dr. B. die hier interessierende Untersuchung als Bestandteil eines „DFG-Projektes“.
(c) Die Nähe anderer Personen zu der Beigeladenen hindert die Verwertung der Stellungnahmen des Prof. Dr. B. vom 3.6. und 9.6.2004 ebenfalls nicht. Prof. Dr. W. (von der Beigeladenen) war mit der Durchführung der DFG-Studie bzw. der diesbezüglichen Untersuchung des „CSC“-Verfahrens nicht befasst. Die Dipl.-Rest. H. (von der Beigeladenen) arbeitet nur gelegentlich im Studiengang des Prof. Dr. B. und hat weder an den analytischen Untersuchungen noch an der Interpretation der Daten mitgewirkt. Die Untersuchungen der Probematerialien wurden durch zwei auswärtige Laboratorien durchgeführt (vgl. E-Mail des Prof. Dr. B. vom 11.6.2004).
Hinzu kommt, dass Prof. Dr. B. auch mit der Antragstellerin in wissenschaftlicher Verbindung steht. Hierzu hat die Beigeladene unwidersprochen vorgetragen, dass Prof. Dr. B. mit der Antragstellerin einen bis heute nicht gekündigten Kooperationsvertrag über eine wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit betreffend das Massenentsäuerungsverfahren und andere wissenschaftliche Felder geschlossen habe.
Letztlich hat die Antragsgegnerin die beiden Stellungnahmen des Prof. Dr. B. ausweislich ihres Vergabevermerkes nur „ergänzend“ hinzugezogen. Dies erlaubt den Schluss, dass sie ihre Entscheidung auch dann getroffen hätte, wenn Prof. Dr. B. sich nicht zur Qualität des „CSC“-Verfahrens geäußert hätte, ohne dass dies von tragender Bedeutung für die Entscheidung des Senats wäre.
(4) Ein Wertungsfehler ist der Antragsgegnerin auch nicht mit Blick auf neuere Erkenntnisse über die Qualität der Arbeit der Beigeladenen und ihre Leistungsfähigkeit anzulasten.
(a) Auf Seiten 4 f. ihres Schriftsatzes vom 11.11.2004 rechnet die Antragstellerin vor, dass nach der Patentoffenlegungsschrift, die dem Verfahren der Beigeladenen zugrunde liege, die Entsäuerung von 40 kg Büchern in einem Arbeitsgang unter Einschluss der Befüllung und der Entnahme der Bücher aus der Entsäuerungsanlage 12 Stunden Zeit benötige. Pro Tag könne die Beigeladene daher nur höchstens 80 kg Bücher bzw. Archivgut entsäuern. Selbst bei einer ganzjährigen Vollauslastung komme sie somit auf ein Arbeitsresultat von höchstens 29.200 kg. Demgegenüber belaufe sich nach § 3 des Rahmenvertrages der Antragsgegnerin die zu behandelnde jährliche Menge auf 20.000 bis 30.000 kg Bibliotheksgut und 8.000 kg Archivgut.
All dies vermag die Wertung der Antragsgegnerin nicht zu erschüttern, weil es schon an den zutreffenden Prämissen fehlt. Die von der Antragstellerin behaupteten Kapazitäten entsprechen nicht den tatsächlichen Gegebenheiten im Betrieb der Beigeladenen. In ihrer „Firmendarstellung“ zum Angebot führt die Beigeladene aus, dass zwei Anlagen zur Massenentsäuerung mit einer Einzelkapazität von 40.000 kg/Jahr zur Verfügung stehen. Schon damit ist die erforderliche Kapazität gegeben. Hinzu kommt, dass die Beigeladene angekündigt hat, noch zwei weitere Entsäuerungsanlagen in Betrieb zu nehmen.
(b) Auf Seiten 5 ff. des Schriftsatzes vom 11.11.2004 trägt die Antragstellerin vor, das „CSC“-Entsäuerungsverfahren der Beigeladenen sei nicht in der Lage, die verlangten Qualitätskriterien und -standards zu gewährleisten. Sie, die Antragstellerin, habe Buchmaterial untersucht, das im Jahre 2004 von der Beigeladenen mit ihrem Verfahren entsäuert worden sei. Ein Kunde habe im Mai 2004 der Beigeladenen 10 Testbücher zur Entsäuerung übergeben. Ferner seien der Beigeladenen im August 2004 verschiedene Testbücher zur Entsäuerung übergeben worden. Die Untersuchungen hätten ein negatives Ergebnis hervorgebracht. Auch dieser Vortrag ist indes schon im Ansatz nicht geeignet, die Wertung der Beigeladenen so durchgreifend zu erschüttern, dass sie nicht mehr vertretbar erschiene. Die Antragsgegnerin hatte von den Bietern selbst erstellte Proben als Nachweis ihrer Arbeitsqualität gefordert und genügen lassen. Eine solche Probe hat die Beigeladene eingereicht. Von ihr ist zunächst einmal auszugehen. Sie genügte nach den unstreitigen Feststellungen der Antragsgegnerin den geforderten Qualitätskriterien. In ihrem Vermerk vom 15.6.2004 konstatiert die Antragsgegnerin, dass eine ausreichende Neutralisierung der sauren Komponenten der geschädigten Papiere stattfinde. Ferner ist der Antragsgegnerin von einem anderen Großauftraggeber bekannt, dass die Beigeladene bei einem anderen Auftrag im Umfang von 18.000 Büchern sehr gute Ergebnisse („zur vollsten Zufriedenheit“) erzielt hat. All dies lässt sich durch die Testung von insgesamt knapp 20 Büchern im Rahmen zweier Kleinaufträge nicht grundlegend in Frage stellen. Zudem hebt der Vergabevermerk der Antragsgegnerin vom 15.6.2004 auf Seite 5 gut nachvollziehbar hervor, dass es für die Qualität der Konservierungsergebnisse stets auch auf die konkrete technische Durchführung im Einzelnen ankomme. „Ausreißer“ sind danach immer möglich, was die Aussagekraft der von der Antragstellerin vorgelegten wenigen Testobjekte für die von ihr beabsichtigte Verallgemeinerung zusätzlich schwächt.
(5) Ohne Erfolg rügt die Antragstellerin, dass nicht die Antragsgegnerin, sondern die Bedarfsträgerin in Wahrheit entschieden habe, ob ein Gutachten einzuholen sei und wie die Wertung auszufallen habe. Insoweit mag die Bedarfsträgerin tatsächlich ein Wort mitgesprochen haben, schädlich war dies jedoch nicht. Die Antragsgegnerin hat im Ergebnis selbst gewertet. Es ist nicht ersichtlich, dass sie keine eigenverantwortliche Entscheidung getroffen hätte.
(6) Vergaberechtliche Dokumentationsfehler sind der Antragsgegnerin ebenfalls nicht anzulasten. Die Dokumentationspflicht der Antragsgegnerin richtet sich nach
§ 30 Nr. 1 VOL/A. Danach ist über die Vergabe ein Vermerk zu fertigen, der die einzelnen Stufen des Verfahrens, die Maßnahmen, die Feststellung sowie die Begründung der einzelnen Entscheidungen enthält. Im Streitfall war nach dem bestandskräftigen Beschluss der Vergabekammer vom 14.4.2004 nur die letzte Wertungsphase zu wiederholen, was die Antragsgegnerin hinreichend dokumentiert hat. Soweit die Antragstellerin Angaben darüber vermisst, aus welchem Grund die Antragsgegnerin von dem erteilten Auftrag an den Sachverständigen Dr. H. Abstand genommen hat, geht dies schon deshalb ins Leere, weil es zu einer Beauftragung nicht gekommen ist und die Antragsgegnerin diese – sachverständig anderweit und ergänzend unterstützt – durch eine nach dem Vorstehenden hinzunehmende eigene Wertung ersetzt hat. Soweit die Antragstellerin behauptet, die Stellungnahmen des Prof. Dr. B. hätten die „entscheidend alleinige Rolle“ gespielt, was im Vergabevermerk hätte gekennzeichnet werden müssen, ist dem nicht weiter nachzugehen, weil mangels durchgreifender gegenteiliger Anhaltspunkte davon auszugehen ist, dass in der Tat – wie ausdrücklich dokumentiert – die beiden Stellungnahmen des Prof. Dr. B. von der Antragsgegnerin nur „ergänzend“ herangezogen worden sind. Soweit die Antragstellerin (GA 94) auf ein später hergestelltes Schreiben der Antragsgegnerin vom 23.6.2004 (Anlage Bf 29) verweist, wo es heißt:
„Durch die Evaluation von Prof. Dr. B. sind wir in die Lage versetzt worden, uns mit Ergebnissen der Überprüfung größerer Bestände auseinanderzusetzen.“
folgt daraus nichts anderes. Im Gegenteil bestätigt dieses Schreiben, dass gerade die Referenz der Berliner Landesbibliothek eine Hauptrolle spielte.
Ein Dokumentationsfehler ergibt sich schließlich nicht daraus, dass die Antragsgegnerin die Einzelheiten der DFG-Studie des Prof. Dr. B. nicht in ihrem Vergabevermerk niedergelegt hat. Zumindest mit Blick darauf, dass die Beigeladene eine den Vergabebedingungen entsprechende Arbeitsprobe vorgelegt hatte und ihre im Jahre 2003 an 18.000 Büchern erbrachten Konservierungsleistungen mit einem sehr guten Prädikat beurteilt worden waren, durfte sich die Antragsgegnerin im Rahmen des ihr zustehenden Beurteilungsspielraums mit einer informellen und zusammenfassenden Einschätzung des Prof. Dr. B. begnügen. Dementsprechend verkürzte sich ihre diesbezügliche Dokumentationspflicht. Gleiches gilt umgekehrt für die Referenz der Landesbibliothek Berlin. Grundlage für die nach dem Vergabekammerbeschluss vorzunehmende auftragsbezogene Prognose, die naturgemäß mit einer gewissen Unsicherheit behaftet sein musste, war die bedingungsgemäße Arbeitsprobe der Beigeladenen, die ihrerseits zusammen mit der positiven Einschätzung des Prof. Dr. B. die ebenfalls positive Referenz der Landesbibliothek Berlin für einen vergleichbaren Auftrag bestätigte. Auf die Aussage der Landesbibliothek Berlin, die der Beigeladenen eine uneingeschränkt sehr gute Arbeit attestierte, durfte sich mithin die Antragsgegnerin ohne weitere detaillierte Nachprüfungen verlassen. Etwaige noch verbleibende Defizite bei einer der drei Bewertungskomponenten hinsichtlich ihrer Aussagekraft wurden durch die jeweils anderen Wertungskomponenten so ausgeglichen, dass sich eine hinreichende Entscheidungsgrundlage ergab. Arbeitsproben, Referenz der Berliner Landesbibliothek und informelle Bestätigung durch den ausgewiesenen Fachmann Prof. Dr. B. standen insoweit in einer sich gegenseitig stützenden Wechselwirkung.
(7) Nicht berechtigt ist schließlich die Rüge der Antragstellerin, die Antragsgegnerin habe durch die Befragung des Prof. Dr. B. das Gebot der Chancengleichheit im Vergabewettbewerb missachtet (§ 2 Nr. 2 VOL/A, § 97 Abs. 2 GWB). Die Antragstellerin hatte in bezug auf die vorzulegenden Referenzen einen beachtlichen Vorsprung, weil sie bis dahin für die Antragsgegnerin gearbeitet hatte. Eine solche unmittelbare Referenz konnte die Beigeladene naturgemäß nicht aufweisen. Durch die von der Antragsgegnerin herangezogenen weiteren Erkenntnisquellen einschließlich derjenigen des Prof. Dr. B. wurde eine Chancengleichheit im Bieterwettbewerb mithin eher geschaffen als verhindert.
III.
Für die von der Antragstellung im Schriftsatz vom 15.12.2004 geforderte Vorlage an den Europäischen Gerichtshof oder an den Bundesgerichtshof fehlt es an den gesetzlichen Voraussetzungen (Art. 35 EGV; § 124 Abs. 2 GWB). Im übrigen gibt dieser Schriftsatz dem Senat keinen Anlass, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen.
IV.
Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung von § 97 Abs. 1 ZPO.